Einzelnen Beitrag anzeigen
  #4  
Alt 12.04.2004, 14:57
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard ich fühle mich so hilflos

Liebe Mortischa,

meine Mutter bekommt seit dem 4.4. Morphin. Anfangs 12, am nächsten Tag schon 24 Tropfen/Stunde (Infusion). Schon an diesem Tag schlief sie fast nur noch, konnte sich aber noch ein wenig verständigen. Das Morphin wurde dann wieder etwas reduziert. Am 8.4. habe ich sie zum letzten Mal sprechen (flüstern) hören. Am 9.4. hat sie noch hin und wieder signalisiert, dass sie irgendetwas braucht, aber es war kaum mehr möglich herauszufinden was. Seither reagiert sie so gut wie gar nicht mehr. Heute (12.4.) habe ich sie seit Tagen einmal wieder für wenige Sekunden mit offenen Augen gesehen. Das war als ihr offenbar die Zunge in den Hals rutschte und sie keine Luft mehr bekam. Wir haben sie sofort aufgerichtet, bis sie wieder atmen konnte. Sie konnte uns aber nicht ansehen, es war nur ein glasiger Blick ohne etwas zu sehen. Ich mag nicht daran denken was geschieht, wenn ihr das passiert, wenn gerade keiner da ist. Ich will nicht, dass sie in Panik ersticken muss. Die Schwester hat behauptet, das würde "normalerweise" nicht passieren!! Ihr Lebenspartner - der rührend um sie besorgt ist und sich aufopfernd um sie kümmert - ist den ganzen Tag bei ihr, möchte aber nachts nicht bleiben, ich weiss nicht genau warum. Ich bleibe jede zweite Nacht, aber da ich allein bin, schlafe ich dann auch.
Wenn du deiner Mutter noch etwas sagen oder gar fragen willst, tu es sofort. Ich habe das auch hier in diesem Forum gelesen, und ich war sehr dankbar dafür zu wissen, dass das Morphin sehr schnell eine Verständigung beendet.
Ich weiss aber auch nicht ob das immer so ist. Bei uns kommt hinzu, dass sie Lebermetastasen hat, was ebenfalls zu Müdigkeit und Verwirrung führen kann, und weil sie zwischendurch Angstzustände bekam, erhält sie auch ein dafür ein Medikament. Was davon, oder ob alles zusammen verantwortlich ist dafür, dass sie jetzt schon "weit fort" ist, weiss ich nicht.

Das Wichtigste habe ich ihr noch sagen können. Ich spreche immer noch mit ihr, und hoffe, dass sie mich ein wenig verstehen kann. Ich bin überzeugt, dass sie auch im Schlaf spürt wenn ich bei ihr sitze und sie streichle. Hin und wieder singe ich ihr auch etwas vor, und bilde mir ein, dann in ihrem Gesicht eine leichte Veränderung zu sehen.

Heute wurde die künstliche Ernährung entfernt. Das war ihr ausdrücklicher Wunsch, den sie mehrfach zu einer Zeit geäußert hat, als sie noch völlig klar war. Sie hat das auch schriftlich hinterlegt. Ich habe mich gewundert, dass der Arzt, als wir darüber sprachen, nicht nach dieser Verfügung gefragt hat. Er meinte, die Ernährung würde ihr Leben ohnehin nicht verlängern. Eine Schwester kam und meinte "So, das machen wir also weg." Ab war der Beutel - und mir brach der Schweiß aus.

Wenn ich nur wüsste, wie lange sie etwa noch zu leben hat. Dann würde ich versuchen, ihren Lebenspartner zu überreden, dass wir nachts abwechselnd wach bleiben. Ich wünsche mir, dass sie im Moment des Sterbens nicht alleine ist. Aber das wird mir natürlich niemand sagen können.

Alles Gute Mortischa, es wäre schön wieder von dir zu hören.

Matilda
Mit Zitat antworten