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Alt 06.11.2010, 07:38
edith57 edith57 ist offline
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Standard AW: Gedanken einer Angehörigen

Hallo Steffi,

Ich möchte dir ein paar Antworten auf deine Fragen geben. Voraus schicken möchte ich, dass meine Mama 2005 an Darmkrebs gestorben ist bzw. an den Folgen einer verpatzten OP. Ihr Leiden ging fast 6 Monate, in denen sie die ersten 2 in künstlichem Tiefschlaf gehalten wurde und dann nur noch -mehr oder weniger bewegungsunfähig - im Bett liegen konnte.

Mein Vater ist einer von der Kategorie "Feigling". Meine Mama lag zuletzt im Pflegeheim und mein Vater wurde von dort angerufen und man sagte ihm, dass es zu Ende gehe. Er hatte allerdings nicht den Mut, uns das genau so weiter zu geben. Er rief zwar an und sagte, dass es ihr nichts so gut gehe, aber er sagte kein Wort von unmittelbar lebensbedrohlich. Nachdem wir uns in dieser Zeit die Besuche aufgeteilt hatten, damit nicht jeder jeden Tag dort sein musste, sah ich keine Veranlassung, zu meiner Mama zu fahren, zumal ich am nächsten Tag "Dienst" hatte.

Mein Vater ist dann am Abend nach Hause gegangen (wie gesagt - zu feig um den Tatsachen ins Auge zu blicken) und meine Mama ist in dieser Nacht gestorben - ganz friedlich eingeschlafen.

Ich kann mir bis heute nicht verzeihen, dass ich nicht dabei war - dass niemand von uns dabei war, obwohl ich an ihren Gesichtszügen ablesen konnte, dass es ein ganz friedlicher Tod war.

Auch ich konnte nicht weinen, ich war einfach nur erleichtert, dass sie nicht mehr leiden muss - denn uns war klar, dass es keine Hilfe mehr geben wird.
Ich glaube, dieses Empfinden haben vor allem jene Angehörigen, die sich am meisten um den Kranken gekümmert und sich am intensivsten mit der Krankheit auseinandergesetzt haben.

So richtig schmerzlich ist die Trauer nach ca. 3 Monaten über mich gekommen - da ist mir plötzlich ganz deutlich bewusst geworden, dass sie nicht nur erlöst wurde, sondern dass sie auch nicht mehr da ist.
Auch heute überkommt es mich noch ab und zu aber inzwischen kann ich auch nur friedlich lächelnd an sie denken.

Also mach dir keinen Vorwurf in irgend eine Richtung. Du hast alles richtig gemacht und deine Familie und vor allem dein Vater können stolz auf dich sein.

Liebe Grüße
Edith

Geändert von edith57 (06.11.2010 um 08:25 Uhr)
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