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Alt 05.12.2010, 00:47
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Liebes Karolinchen,

ich kann dich sehr gut verstehen und möchte dich nicht erschrecken. Du suchst deinen Vater. Du vermisst ihn. Du brauchst ihn gerade jetzt.

Für deinen Vater gibt es das, was wir "Zeit" nennen nicht mehr. Sein Leben ist jetzt anders organisiert (wenn ich mal so sagen darf). Wie? Keine Ahnung. Lass dir Zeit. Wir sind ja noch darin gefangen. Vorallem, lass es zu, dass er zu dir kommt. Zulassen. Das ist was anderes als suchen, verlangen, vermissen, tiefste Trauer. Vielleicht verstehst du (noch) nicht, was ich damit sagen will. Deshalb schrieb ich von "erschrecken". Lass dir die Zeit zum Verstehen. Lass dir Zeit für Gefühle. Niemand kann in die Hände klatschen und wird wach.

War er nicht schon bei dir? Du hast doch selbst davon geschrieben?


Liebe Mascha,

ich weiss nicht so genau, wie ich mich ausdrücken soll. OK, ich machs direkt. OK?

Du bist selbst Betroffene und ich weiss, dass deine Mutter sehr jung an Brustkrebs gestorben ist, dein Vater seinen Krebs bereits viele Jahre überlebt hat (ich hoffe es doch? Der Beitrag, den ich gefunden hab, ist immerhin schon 3 Jahre alt?). Trotzdem und vorallem deswegen bewundere ich deinen Mut hier zu schreiben .

Du bestätigst mir damit zum wiederholten Male, was ich selber denke. Dass Liebe gross genug ist, sich schon zu Lebzeiten Sorgen zu machen über das, was danach für die sein könnte, die zurück bleiben. Kein Blabla sondern ernsthaft, konkret. Ich bin mir sicher, dass sich Myriam ab irgendwann die gleichen Sorgen gemacht hat.

Ich drück dir die Daumen! Und dich.


Liebe Geske, liebe Andrea, lieb Micha65

Zitat:
Zitat von Geske Beitrag anzeigen
"Loslassen", ich weiß gar nicht, was ich loslassen sollte: meine Erinnerung, meine Lebensprägung durch die gemeinsame, lange Zeit mit meinem Mann?
Zitat:
Zitat von AndreaS Beitrag anzeigen
So hin und wieder verleitet ihr mich doch immer noch zum Schreiben....

"Loslassen", ich hab diese Empfehlung mancher Mitmenschen an mich immer gehasst, mag den Ausdruck irgendwie immer noch nicht. Nein, auch ich will nicht vergessen
Zitat:
Zitat von Micha65 Beitrag anzeigen
loslassen, der Wunsch nach Rückkehr, Angst die Nähe zu verlieren wenn man loslässt.

Einen geliebten Menschen ganz loslassen: Soll dies wirklich so sein?
Ihn nicht mehr vermissen? In Gedanken nicht mehr ab und zu bei ihm zu sein?

Ich möchte das oben geschrieben erste "loslassen" ersetzen durch "festhalten":
Worte sind doch oft zuerst nur Hülsen, welche jeder mit einer eigenen Interpretation füllen kann oder deren Bedeutung abhängig ist von der Situation, in welcher sie gebraucht werden. Loslassen. Das ist genau so ein Wort.

Lasse ich einen Sterbenden los, so heisst das: du hast es geschafft. Ich möchte, dass du gehen kannst. Gehe in Frieden, dein Kampf ist zu Ende. Bedingungslos.

Lasse ich mein Rettungsseil los, so stürze ich in die Tiefe.

Loslassen in unserem Sinne heisst doch nicht vergessen. Heisst doch nicht, jemanden wegschicken auf Nimmerwiedersehen.

Loslassen heisst in unserem Sinne doch nicht, ihre Hand nicht zu ergreifen, die sich uns entgegenstreckt, wenn wir am Abgrund hängen.

Nicht zu verwechseln mit "festhalten".

Fällt mir gerade ein. Ich habe selbst mal vor langer Zeit geschrieben: Nur der, den man losgelassen hat, kann auch zurückkehren. Ich kann das heute nur unterstreichen. Denn er (oder sie) wird es tun. Hat es auch getan.


Alles Liebe und gute Nacht

Helmut
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