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Alt 22.12.2010, 12:34
datkleene datkleene ist offline
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Standard AW: Nicht übers Sterben gesprochen

Liebe Anna,

ich kann dich gut verstehen, ich denke, wenn meine Mama nicht schon vorher so viel Hilfe gebraucht und ich das nicht übernommen hätte, wäre ein Pflegedienst und alles andere auch wesentlich besser gewesen!

Aber dadurch, dass ich meine Ausbildung abgebrochen habe und mich um meine Mama gekümmert habe, war ich einfach zu nah dran, als das wir dann noch einen Pflegedienst hätten einschalten können.
Meine Mama war auch noch zu mobil um das zu erreichen, was sie brauchte. Nämlich immer jemanden, der da war, wenn mein Vater arbeiten war oder ich in der Schule.
Da das in ihrem Fall nicht möglich war, habe ich das übernommen. Ich bin seit Ende August nicht mehr zur Schule gegangen und keiner hat es verstanden. Meine Mama hat es nie laut ausgesprochen, aber sie wollte es so. Ich habe es jeden Morgen in ihrem Gesicht gesehen, wenn ich gefahren bin. Sie hatte Angst, sie würde fallen, sie hatte Angst, etwas würde nicht mehr klappen und sie würde alleine und hilflos sein. Und in dieser Situation wollte ich nicht, dass sie noch mehr Angst hat. Der Krebs und ihr Allgemeinzustand waren schon schlimm genug!

Wenn wir alles für zu hause vorbereitet hätten, hätte ich alle bekloppt gemacht, weil ich vorher alles übernommen habe und es dann nicht hätte abgeben können.
Im Krankenhaus waren uns ja nun wirklich die Hände gebunden. Ich konnte mich voll und ganz auf meine Mama konzentrieren und das war für mich das wichtigste!

Ich habe großen Respekt davor, dass ihr deine Mama noch 2 Tage bei euch hattet... Das hätte ich nicht verkraftet!

Dieser Druck war für mich fast unerträglich. Aber auch, als ich in der Schule war. Ich hatte mein Handy immer in der Hosentasche, ich habe immer drauf geguckt, ich wäre sofort los gefahren, wenn ich gesehen hätte, dass jemand angerufen hat. Bei jeder SMS bin ich hochgeschreckt, bei jedem Anruf von Mama, wenn ich unterwegs war, habe ich damit gerechnet, ich müsste sofort fahren.
Aber nicht sie hat mir den Druck gemacht. Ich habe das selbst getan! Ich hätte alles für sie möglich gemacht.
Sie hat mit mir als Kind viel durchgemacht und war immer da. Ich denke ich wollte auch das wieder gut machen. Und ich denke auch, es war meine Aufgabe sie zu versorgen, ihr Sicherheit zu geben und Kraft.
Ich war aber auch die Einzige, die sie in den Hintern treten durfte. Als sie es noch konnte, habe ich sie oft genug mit alle4 Mühe und Not aufstehen lassen. Ich war immer bei ihr und habe sie gehalten, aber laufen musste sie. Auch Kleinigkeiten aus dem Kühlschrank holen, habe ich nur dann gemacht, wenn es ihr wirklich schlecht ging.
Am Ende habe ich auch gemerkt, dass es nicht mehr geht. Da hätte ich sie nie aus dem Bett aufstehen lassen. Aber ich habe sie wirklich versorgt, weil ich etwas wieder gut machen wollte.
Ich wollte immer stark sein. Selbst im Krankenhaus konnte ich nicht weinen vor ihr. Sie sollte keine Angst habe. Ich habe noch versucht ihr Mut zuzusprechen, alles würde wieder gut werden, aber sie wusste, dass ich lüge. Sie hat mit dem Kopf geschüttelt und meine Hand gedrückt. Das war ihr Dankeschön und ich weiß, dass ich alles richtig getan habe.

Ich denke es war alles wirklich gut so, wie es ist. Sie fehlt mir zwar unglaublich, das wird bei dir nicht anders sein, aber ich denke sie sind jetzt frei und unbeschwert, wo auch immer sie sein mögen.

Liebe Grüße
Steffie
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Mama *7.5.1956 +16.10.2010
Wir sehen uns wieder, wenn du mich an meinem Regenbogen abbholst! Ich liebe dich!!
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