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Alt 10.12.2004, 13:23
Gast
 
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Standard Sterben , jeden Tag ein bißchen mehr

Liebe Chantalle,

na, da hat dein Papa aber auch ein ordentliches Päckchen zu tragen, im Moment. Vielleicht kann man das mit der Kur noch ein Wenig verschieben, bis man besser absehen kann, wie alles weitergeht?

Diese Hilflosigkeit, von der du sprichst, kann ich gut nachvollziehen. Sicher fühlen sich einige aus unserer Familie oder Freundeskreis auch so. Aber Tatsache ist, dass einem wirklich bei den wenigsten Sachen geholfen werden kann. Ich empfinde es aber schon als große Hilfe, wenn diese Menschen den Kontakt trotzdem aufrecht halten, interessiert sind, sich zwischendurch mal melden und meistens ergibt sich dann auch irgendwann die Möglichkeit, dass sie einem wirklich helfen können. So war es jedenfalls bei uns. Oft habe ich aber auch erlebt, dass jemand einem Hilfe anbietet, die du aber in dem Moment nicht brachtest. Dabei blieb es dann. Nie wieder gemeldet. Von solchen Seiten würde ich später selten Hilfe annehmen, diese Menschen werden einem fremd. Das sind dann die, die später sagen: Aber ich hatte ihr doch meine Hilfe angeboten... Hilfe ist nicht nur wirkliches Handeln, sondern viel, viel mehr.

Mein Mann wird morgen 44, war also bei Diagnosestellung 42 Jahre alt. Er kann noch alles selbständig erledigen ist aber trotzdem nicht gerne allein. War er allerdingst noch nie. Geht hier also mehr um seelischen Beistand, weniger um Unterstützung. An 2 Tagen die Woche kommen seine Eltern oder meine Mutter, wenn ich arbeiten bin. 2 Tage ist er wirklich allein und Freitags habe ich frei. Ist alles eine Frage der Organisation. Außerdem bin ich schon sehr lange in der Firma beschäftigt, da genießt man gewisse Freiheiten. Und man hat Verständnis dafür, dass ich mir meine Arbeit so einrichte, wie ich es am besten organisieren kann.

Und das wollte ich mit meinem Brief vorhin auch sagen. Nicht, alles wird wieder gut. Das kann ich dir leider auch nicht versprechen, ist auch sehr unwahrscheinlich. Aber mein Mann hat auch die Diagnose unheilbar, Lungenkrebs im Endstadium. Aber das schon seit fast 1,5 Jahren und es war trotzdem eine schöne Zeit. Und darin liegt die Kunst, diese Zeit so zu gestalten, dass sie trotzdem eine Bereicherung ist. Wenn man den Kopf in den Sand steckt, ist das Leben dann schon nicht mehr lebenswert.

Hoffe, dass sich das mit dem Haus von deinen Eltern noch abwenden lässt...

Behalte die Nerven, kümmere dich trotzdem, auch wenn du meinst, dass das nicht hilfreich ist. Wirst sehen, irgendwann ist das Eis gebrochen.

Lieben Gruß von Monika
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