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Alt 21.11.2006, 17:17
GI-Blue GI-Blue ist offline
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Registriert seit: 21.11.2006
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Standard AW: Läßt die Angst mal nach??

Liebe Rosi,

zwei Deiner Aussagen kann ich so nicht unkommentiert für mich nicht stehen lassen.

Ich zitiere:
1. "warum sollen "Nicht-Betroffene" Deine Angst nicht verstehen, begreifen oder nachvollziehen können? Haben wir nicht alle bereits Angst an Krebs zu erkranken? Wer möchte behaupten das "Nicht-Betroffene" womöglich nur noch nicht wissen, dass sie selbst bereits erkrankt sind?"

Ich bin der festen Überzeugung das Nicht-Betroffene diese Ängste nicht vollständig verstehen und begreifen können. Sie können sie nachvollziehen. Lance Armstrong hat in seinem Buch "Tour des Lebens" treffend festgestellt, dass er seit seiner Erkrankung zu der Gemeinschaft der Krebskranen gehört und ihr Zeit seines Lebens angehören wird. Dabei handelt es sich ja nicht um eine organisierte Gemeinschaft, sondern vielmehr um ein Gefühl, dass zwei oder mehr Menschen spüren die persönlich betroffen und in direktem Kontakt miteinander stehen. Ich habe dieses Gefühl bisher immer gehabt, wenn ich mit anderen Erkranten persönlich gesprochen habe.
Ich kann Katrin so gut verstehen, wenn sie schreibt : "Ich hab etwas gewartet,ob ích dieses Thema eröffne,aber ich kann es nicht mit "Nicht-betroffenen" weiter besprechen.", denn an eine gewissen Punkt kommt der Nicht-Betroffene nicht mehr mit. Ich habe diese, leider auch sehr schmerzliche Erfahrung gemacht. Sogar meine Mutter (selber Therapeutin an einer psychosomatischen Klinik, betroffene Angehörige durch mich und auch, ähnlich wie Du, durch den Krebstod ihres Vaters, meines Großvaters), meine engste Vertraute und wichtigste Stütze, kann in gewissen Situationen nicht weiterhelfen. Eben weil hier das persönliche Erleben fehlt. Gespräche mit anderen, auch sehr schwer erkranten, Krebspatienten habe ich, als ebenfalls Betroffener, nie als depressiv empfunden. Sie waren zwar traurig, aber ich konnte immer eine Verbindung wahrnehmen, die das Gespräch unglaublich
leichter gemacht haben. Ich habe den Kontakt zu anderen "Krebslern" immer als eine tiefe Bereicherung empfunden, die mich nicht zuletzt auch motieviert, auch wenn ich ja freiwillig nie Teil dieser Gemeinschaft sein wollte.
Liebe Katrin, solltest Du diese erfahrung noch nicht gemacht haben, hoffe ich, dass Du ähnlich erlebst. Umso unkomplizierter geht es mit Betroffenen im gleichen Alter.


Liebe Rosi, zudemmöchte ich noch einen zweiten Satz kommentieren.

Ich zitiere: "...ein Gesunder kann viel mehr wegstecken als ein Betroffener, nicht wahr?"
Das ist nur sehr bedingt wahr, denn wie vielen Angehörigen, Freunden und Bekannten fällt es schwer mit der Diagnose Krebs umzugehen. Das führt soweit, dass sie aus Unsicherheit den Kontakt abbrechen. Letztlich steckt der Betroffene vielfach mehr weg als der Nicht-Betroffene. Und wie oft stützt der Betroffene seine Familie, Frau, Freundin, manchmal sogar noch am
Sterbebett. Hier gibt es ein tolles Buch eines holländischen Autors, der seine Erlebnisse mit seiner todkranken frau schildert. Leider habe ich den Titel vergessen, werde ihn aber nach reichen.
Auch die hier geschilderten Erfahrungen habe ich gemacht. Sie waren schmerzlich, aber haben mich zugleich gestärkt. Denn, nicht zuletzt der Krebskranke prägt sein Umfeld ob er in Mitleid, Ängsten und Zweifeln versinkt oder aber motiviert, sich motivieren lässt und aktiv gestaltet.
Wahr ist, und da sollte jeder Kranke dankbar sein, dass die nahe stehenden Nicht-Betroffenen, stützen, begleiten und motivieren und ohne sie eine Heilung kaum gelingen kann.

Liebe Grüße an Alle (Betroffene und nicht-Betroffene), Till
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