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Alt 11.09.2007, 14:06
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 426
Standard AW: Eure Erfahrungen mit MDK Gutachtertemin ?

Hallo Anwi und alle,

erstmal danke für eure Antworten!

Zitat:
Zitat von Anwi Beitrag anzeigen
bei solchen Begutachtungen kommt es ja immer drauf an, wie eindringlich bzw. vehement die gesundheitlichen Probleme geschildert werden, wobei Folgeschäden der Therapien, Schmerzzustände, psychische Probleme usw. eine nicht unerhebliche Rolle spielen dürften.
Das wissen wir jetzt auch. Leider zu spät. Denn als gutgläubiger Patient sieht man nur das 'Einladungs'-Schreiben der Kasse, sucht alle verfügbaren Unterlagen zusammen, kommt seiner Mitwirkungspflicht nach, wie es jeder redliche Bürger tut...

Und muss dann feststellen, dass es völlig egal ist, wie man da mitwirkt und was man an Diagnosen mitbringt. Und dass es in dem Termin offenbar im Wesentlichen darum geht, als Patient über den Tisch gezogen zu werden.

Und man muss lernen, dass so ein Termin ja eine strategische Angelegenheit ist, auf die man sich gründlich vorbereiten muss, bei der man Gedächtnisprokoll führen muss, usw. usf.

Da kann ich nur sagen: OK, meine Frau und ich sind nicht zu alt, nicht zu dumm, und wir haben die technischen und finanziellen Voraussetzungen, uns im Netz über sowas kundig zu machen. Trotzdem sind wir reingefallen - weil wir zu gutgläubig waren.

Und wir fragen uns: was machen denn die Mio Menschen in D, die zu ungebildet, zu arm, zu alt oder zu einsam sind, um sich über die "ungeschriebenen Gesetze" solcher Verfahren vorab informell kundig zu machen (denn 'offiziell' sagt einem sowas natürlich niemand) und sich entsprechend strategisch zu verhalten ? Was machen die ? Antwort: Nichts. Die sind am Arsch. Die werden 'eingemacht'. Und die tun dann genau das, was der Staat am liebsten sieht - wie Marie schrieb - sie geben entnervt auf, um ihre Rechte zu kämpfen. Weil sie es nicht können oder es einfach nicht mehr aushalten.

Und das ist für uns der eigentlich Skandal. OK, von der KFZ-Versicherung z.B. kennt sowas jeder. Das ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen, das Profit machen will - und sich daher so trickreich wie möglich vor jeder Leistung drückt.

Aber hier haben wir es mit dem Staat zu tun. Mit dem Staat, den wir bezahlen. Und von dem meine Frau, die 35 Jahre lang brav ihre Steuern und Sozialabgaben gezahlt hat, ja nichts geschenkt haben will. Sondern nur das, was ihr nach Recht und Gesetz zusteht. Nicht mehr und nicht weniger.

Und dann zu sehen, dass sowas offenbar unerwünscht ist und einem so schwer wie möglich gemacht wird. Das ist schon hart. Früher sprach man von einer "Solidargemeinschaft" - solidar wie Solidarität. Dass die Solidarität zwischen Bürger und Staat heute offenbar schon am Telefon des nächsten Sachbearbeiters der Behörde x endet, war uns neu.

Meine Frau hat 50 Jahre lang in D gelebt, ohne das Gesundheitswesen wesentlich zu beanspruchen. In den letzten 8 Monaten aber, in denen sie wegen einer lebensbedrohlichen Krankheit dazu gezwungen ist, haben wir nicht nur sämtliches Vertrauen in den Apparat verloren, sondern auch viel gelernt:

Traue niemandem. Glaube nichts. Sage und tue nichts, bevor du dich nicht über die Rechtslage kundig gemacht und von Mitbetroffenen Rat eingeholt hast. Rechne immer damit, dass man dich verscheissern und dir deine Rechte vorenthalten will. Sei darauf gefasst, wegen jedem Mist 10 mal telefonieren und 3 Briefe schreiben zu müssen. Lege grundsätzlich Widerspruch ein. Suche dir einen Rechtsbeistand. Werde Mitglied in Interessenverbänden - VdK, Gewerkschaft, usw. Sei niemals ehrlich und sage niemals die (ganze) Wahrheit, sofern du nicht gesetzlich dazu gezwungen und mit schweren Sanktionen bedroht wirst. Lerne, gekonnt zu tricksen, zu verschleiern, zu verheimlichen, zu übertreiben, Halbwahrheiten zu äußern - und alle legalen Möglichkeiten vorausplanend strategisch zu nutzen.

Nun - wir haben gelernt. Und werden künftig unser ganz persönliches "Disease-Management" (wie es neudeutsch heisst) durchziehen. Mit allen Mitteln. Verscheissern, lügen und betrügen können wir auch. Der Staat hat uns schließlich nur allzu deutlich gezeigt, wie man sowas macht. Natürlich werden wir niemanden betrügen und den Rahmen der Legalität nicht verlassen. Aber wir werden uns z.B. schon über die hinlänglich bekannten Möglichkeiten des ganz legalen Doktor- und Krankheits-"hoppings" informieren müssen. Und dann strategisch entscheiden, wie es weitergehen soll. Weil wir dazu gezwungen sind. Denn: wenn wir es nicht tun, wird uns irgendwas aufgedrückt. Und soweit sind wir (noch) nicht.

Viele Grüße,
Stefan
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