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Alt 18.08.2006, 02:20
Chanie Chanie ist offline
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Beiträge: 19
Standard Er ist gegangen

Hallo, Ihr Lieben
Heute bin ich das erste Mal seit meiner Eintragung hier im Forum wieder online.
Mein Mann ist am 6.8. um 19:45 seinen Weg zuende gegangen. Ich konnte ihn bis zuletzt in den Armen halten und habe ihn hinüber gestreichelt und ihn auf diesem letzten Weg begleitet, soweit es ging.
Er war erst 47 Jahre alt und hat niemals aufgegeben, bis zum letzten Tag.

Die Tage danach vergingen mit Behördengängen und Beisetzungsvorbereitungen wie in einem dunklen Traum, wie im Nebel. Montag war die Beisetzung im Urnengrab bei seinen Eltern. Die Sonne hat gestrahlt und viele kamen, uns zu begleiten. Unser Prediger, der uns getraut hat, hielt eine sehr persönliche Predigt, voll mit Erinnerungen, die er an unsere erste Begegnung und die Gespräche teils daheim, teils am Krankenbett und am Sterbebett der Mutti hatte. Es war wunderschön und wir haben das Lied gesungen, das meinen Schatz schon immer, auch bei unserer Trauung, sehr berührt hat:" Hab keine Angst, ich bin bei Dir".
Mein Mann starb nur etwas mehr als einen Monat nach seiner geliebten Mutti, die den langen Kampf gegen den Brustkrebs im Alter von nur 68 Jahren verlor.Der Stein auf dem Grab war gerade erst gesetzt. Es war ein hartes Jahr.

Heute hab ich seine Akten gesichtet, dabei bin ich in einem Umzugskarton auf alte Fotos gestoßen, die ihn auf seinem früheren Pferd zeigen. So stolz und irgendwie frei und fröhlich, unbeschwert...Das hat mich wieder so aufgewühlt. Zu der Zeit kannte ich ihn noch nicht.
Ich habe ihn kurz vor der schrecklichen Diagnose Lungenkrebs kennengelernt und die Krankheit von Anfang bis Ende mit ihm durchlaufen. So unbeschwert, wie auf den Fotos, kenne ich ihn nur ein paar kurze Momente lang, auch wenn er auch während schwerer Zeiten immer positiv und lustig, lebensfroh und stark war. Das "sich sicher fühlen", wenn man es denn sehen kann, fehlte seit der Diagnose. Irgendwie neide ich diese Zeit den Leuten, die ihn da erleben durften. Manchmal wünschte ich, ich hätt ihn auch während gesunderer Tage begleiten dürfen. Andererseits hat die Krankheit ihn zum besseren verändert, ihm eine Tiefe und eine Wahrheit und Liebesfähigkeit geschenkt, die er vorher vielleicht in sich trug, aber aus seinem Leben häufig ausgeklammert hatte.
Er hat gelernt, sich selbst anzunehmen, auch wenn der Körper nicht perfekt mit tut oder gar perfekt aussieht, er hat gelernt, daß seine wahren Freunde ihn auch lieben, wenn er nichts mehr für sie erledigen und richten und helfen und machen und tun kann. Er hat gelernt, Liebe zu geben und anzunehmen.

Ich weiß noch gar nicht, wie weiter, aber ich finde momentan auch keinen Zugang zu Alltagstätigkeiten, zu nötigen Behördengängen oder Bankgeschäften... Morgen muß ich einiges erledigen,aber ich kann an nichts anderes denken, als an ihn, erinnere mich an alle möglichen Kleinigkeiten, verzettel mich, vertue die Tage irgendwie, statt anzupacken, was sein muß... Ich bin so traurig und müde. Vermisse ihn so sehr.
Zukunft ist irgendwie so weit weg.
Ich danke Euch allen für die Wünsche und Gebete.
Es tut gut, Euch zu schreiben und zu wissen, auf diesem Weg nicht allein zu sein. Allen in einer ähnlichen Lage, allen Betroffenen, Angehörigen und Hinterbliebenen wünsche ich ganz viel Kraft, Mut, Sonnenschein und Freunde, die jeden dunklen Weg ein wenig heller machen können.
Ohne meine Freundin Sabine, die sich die ersten Tage um mich gekümmert hat,wäre ich wahrscheinlich noch nicht so weit, wie ich es heute bin. Danke, Chanie
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