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Alt 24.08.2012, 13:00
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos,

du bist wirklich gut organisiert, Hut ab! Ich schätze mal, du wirst das trennen müssen...Hausarzt und Palliativmedizin. Aber wie ich herausgelesen habe, kommst du aus dem Raum HH, vielleicht ist es da besser bestellt um so eine Kombination. Ich kann dir nur empfehlen, dich rechtzeitig an das Palliativnetzwerk zu wenden. Sollte dein Papa nicht heilbar sein und man würde ihm und euch eine palliative Therapie anraten, dann könnte die SAPV für deinen Vater in Frage kommen. SAPV ist Spezielle Ambulante Palliativversorgung und die wird von den Krankenkassen getragen. Sie ist unabhängig von der allgemeinen Pflege.

Sehr gut ist, dass du nächste Woche einen Termin mit dem Psychoonkolgen hast! Ich habe letztes Jahr auch ziemlich bald nach der unheilvollen Diagnose meines Papas die Hilfe einer Psychoonkologin in Anspruch genommen. Es waren nur drei Gesprächstermine, doch die waren Gold wert! Ich wollte mich rüsten für die Zeit, die da kam und das war für mich die richtige "Strategie". Und es hat mir sehr gut getan, in diesem Forum zu schreiben. Ich habe hier Zuspruch erhalten, wurde aufgefangen, oftmals auch wachgerüttelt und verstanden...

Sollte dein Vater palliativ behandelt werden und ihr werdet ihn nach Haus holen, dann kann ich dir und deiner Mutter nur empfehlen, jegliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, die euch oder vielmehr deinem Vater zusteht. Wie gesagt, dazu zählt sowohl die SAPV (organisiert über das Palliativnetzwerk, zumindest hier in S.-H.) als auch die Pflegestufe zu beantragen. Ich weiß nicht, wie alt deine Eltern sind, doch die Pflege und Begleitung eines geliebten Menschen belastet nicht nur psychisch extrem sondern auch körperlich... Da ist es gut, dass du dir bereits jetzt so viele Gedanken machst... dann wird man nicht so überrollt.

Was deinen Papa angeht, auch ihn hat die Diagnose Lungenkrebs "überfahren". Wahrscheinlich ist ihm schon klar, dass er sehr, sehr krank ist, doch er verdrängt es derzeit. Vielleicht ist das auch ein Schutzmechanismus, um überhaupt weitermachen zu können. So, wie wir unsere Probleme haben, mit der Diagnose klar zu kommen, so hat auch dein Vater seine eigene Strategie, damit zurecht zu kommen. Er braucht jetzt Ziele, egal, wie unrealistisch die auch sein mögen... Das kenne ich noch so von meinem Vater. Du wirst am besten einschätzen können, ob es Sinn macht, ganz offen mit deinem Vater zu sprechen. Mein Vater hat beispielsweise vieles abgeblockt und sich an der Hoffnung festgeklammert. Zwischendurch fiel er auch in Depressionen (,was er mir jedoch erst sehr viel später anvertraut hat). Ich denke, es ist unglaulich schwierig, sich in die Gedankenwelt hineinzuversetzen. Schließlich sind wir ja (noch) gesund... Aber du kannst ja versuchen, dich langsam vorzutasten und dann wirst du merken, ob dein Vater sich öffnen mag oder lieber nicht.

Ich weiß nur allzu gut, wie du dich jetzt wohl fühlen magst. Auch mir kam es vor, als wären es Tausende und Abertausende kleiner Abschiede und als hätte meine Trauer bereits sehr viel früher eingesetzt als mit dem Tod meines Vaters. All das gehört zu unserem Erleben als Angehöriger bzw. als Sohn / Tochter wohl dazu. Vielleicht ist es auch eine Art Vorbereitung auf das "Schlimmste". Für mich war es unsagbar schlimm, dass ich zur Hilflosigkeit verurteilt war. Wie gern hätte ich mehr für meinen Vater getan, wie gern hätte ich ihm geholfen, doch ich musste akzeptieren, dass es seine Krankheit war und dass letztlich er die Entscheidungen traf. Als Tochter kann ich dir nur empfehlen, nichts über deinen Vater hinweg zu entscheiden. Auch wenn er sehr schwach ist, beziehe ihn in all das, was du tust, mit ein. Letztlich ist nur sein Körper krank, nicht aber sein Geist bzw. Intellekt. Der funktioniert sehr gut.
Und das Wichtigste, was du für ihn tun kannst, tust du ohnehin! Du bist da, hältst seine Hand. Auch wenn dir das wenig erscheinen mag, es ist ungeheuer viel...

Also Carlos, lass' dich nicht entmutigen von solchen Ärzten und Sprechstundenhilfen! Es ist verletzend und macht dich wütend, doch vergeude nicht deinen Kraft! Die kannst du sinnvoller einsetzen!

Nochmals toi, toi, toi für die Bronchoskopie heute!
Alles Liebe
Miriam
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

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