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Alt 07.12.2016, 12:25
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Frank Emm aus Weh Frank Emm aus Weh ist offline
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Standard AW: Wie macht ihr das mit dem Arbeiten gehen...?

na dann flöße ich diesem Thread auch noch ein bisschen neues Leben ein

ich habe eine dreimonatige Wiedereingliederung hinter mir, begonnen mit 4 Stunden täglich, und gleichmäßig bis auf 7 Stunden gesteigert.
Schon die ersten 2 Wochen waren viel anstrengender als ich erwartet hatte, und ich bin nach dem "Halbtagsjob" jeden Tag vollkommen erledigt auf's Sofa gesunken und sofort eingeschlafen. Je länger die tägliche Arbeitszeit wurde, desto weniger war ich in der Lage, abends noch irgendwelche produktiven Dinge zu tun, die ich sonst immer sehr gerne mache, wie z.B. etwas kochen, Musik machen oder an dem Soundmix meiner Musikaufnahmen rumzuschrauben.
Mit zunehmender Arbeitszeit nahm auch die Arbeitsintensität zu, und dabei machten sich immer mehr meine Defizite in puncto Konzentrations- und Merkfähigkeit bemerkbar, die sich seit den Chemos leider kaum gebessert haben. Das macht die Sache noch anstrengender.
Zudem ging von Montag bis Freitag meine Erschöpfungskurve immer steil aufwärts, sodass ich das Wochenende immer komplett zur Erholung brauchte. Bestenfalls ein längerer Spaziergang oder eine kleine Fahrradtour war mal drin.
Ich war schon so weit, ernsthaft über eine Halbtagstätigkeit nachzudenken, weil ich ein Leben, welches zukünftig nur aus Arbeit und schlafen besteht, nicht besonders attraktiv finde.
Dann kam noch dazu, dass ich kurz nach Erreichen der vollen Arbeitszeit ganz langsam und vorsichtig wieder mein früheres Training im Sportstudio aufgenommen habe, zunächst zweimal pro Woche. Damit war ich dann vollkommen am Anschlag, und es ging mir nur noch darum, mal auszuprobieren, wie lange ich das so durchhalte.
Aber dann folgte eine Überraschung: ich merkte, dass die notwendigen Erholungszeiten (z.B. auf dem Sofa liegend oder schlafend) zunächst immer kürzer wurden, und manchmal fiel es mir sogar leicht, ganz darauf zu verzichten. Das liegt nun ein paar Wochen zurück, und inzwischen kehrt so etwas wie ein bisschen Lebensqualität auch nach Feierabend wieder zurück.

Mir ist aber klar, dass ich das nicht für ewig so weitermachen kann. Mir hilft die Aussicht, dass ich wegen der Schwerbehinderung in vier Jahren sowieso in Rente gehen kann, und dass ich diese Zeit je nach Fitnesszustand und Arbeitssituation ggf. auch noch etwas verkürzen kann. Eine Reduzierung der tägl. Arbeitszeit wäre ggf. ja ebenfalls noch möglich. Das versuche ich aber zu vermeiden, weil es das Verhältnis Aufwand/Nutzen wegen weiter Anfahrt, nötiger Zweitwagen u.s.w. doch sehr verschlechtert.
Das interessante ist, dass sich die Kosten-Nutzen-Rechnung, die im Moment noch ganz klar für's arbeiten spricht, alle paar Wochen ein winziges Stückchen in Richtung zu Hause bleiben verschiebt.
Falls ich das unfassbare Glück haben sollte, weiterhin gesund zu bleiben, wird irgendwann in diesem Leben mal ein Tag kommen, von dem an es finanziell nicht mehr ganz so wichtig ist, ob ich arbeite oder nicht, und an dem der Freizeitwert überwiegt. Und an dem Tag bleibe ich einfach im Bett und denke darüber nach, was ich an allen folgenden Tagen mit meiner vielen Freizeit anstellen werde
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Diagnose Kardia-Karzinom Juli 2015 T3 N1 M0
Neoadjuvant Bestrahlung/Chemo Sept - Nov 2015
OP Magenhochzug Dez 2015
Reha Jan 2016
seitdem geht's ....

Geändert von Frank Emm aus Weh (08.12.2016 um 14:51 Uhr)
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