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Alt 05.05.2008, 15:39
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Rena49 Rena49 ist offline
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Standard AW: wir sind noch so jung...

Hallo Taffi,
nun hast Du ja doch - in beiden Threads - ein paar aufbauende und hilfreiche Antworten bekommen.
Ich wünsche Dir zunächst einmal, daß der Sportunfall Deines Partners ein "Glücksfall" war, in dem Sinn, daß die Krankheit dadurch so rechtzeitig erkannt wurde, daß noch Heilung möglich ist. Jedenfalls solltest Du darauf hoffen, Dein Partner scheint es ja schon zu tun.
Solange die Situation nicht schlimmer wird, Dein Partner weiterhin die Chemo gut verträgt und keine Schmerzen hat, solltest Du mit Deinen Kräfte möglichst haushalten und Dich nicht unnötig verrückt machen. Dafür ist immer noch Zeit genug, wenn es doch noch mal bergab gehen sollte. Also Kopf hoch!

Trotzdem solltet Ihr Euch über gewisse Dinge Gedanken machen, solange es noch in Ruhe möglich ist. Ihr lebt in Wien und ich bin leider nicht darüber informiert, wie dort die Rechtslage ist - hier in DL hättest Du u. U. keine Chance, Deinen Partner z. B. auf der Intensivstation eines Krankenhauses zu besuchen, solange Du nicht mit ihm verheiratet bist. Wenn ein Arzt/Pfleger nach der "Papierform des Gesetzes" handelt, erfährst Du auch nichts über den jeweiligen Gesundheitszustand. Als "Verlobte" hast Du eigentlich genauso wenig Rechte wie als Freundin, das gilt auch für Dinge, die evtl. später (wenn nichts mehr geht ...) geregelt werden müssen.
Ihr solltet auch jetzt z. B. über eine Patientenverfügung nachdenken und Dein Verlobter sollte eine erstellen, wenn er bestimmte Vorstellungen hat, wie er behandelt werden möchte, wenn eigentlich "nichts mehr zu behandeln" ist. Ich weiß, daß das unheimlich schwer ist. Mein Mann hatte damit schon mal vor gut drei Jahren angefangen, als er an Prostatakrebs erkrankt war. Damals hat er sich allein damit herumgeplagt und ist zu keinem vernünftigen Ergebnis gekommen. Damals ist noch mal alles gut gegangen und so hatte ich keinen Grund, mich mit dem Goodwill der Ärzte auseinanderzusetzen. Vor gut zwei Jahren, als meine Mutter an Magenkrebs erkrankte, habe ich dann für sie so eine Patientenverfügung aufgesetzt (nach den Unterlagen aus dem Bundesjustizministerim und mit den Inhalten, die meine Mutter haben wollte). Es war für sie und auch für mich gut und wichtig, daß wir die PV im Schrank liegen hatten. Und dadurch hatten wir auch keine Probleme, bei den Ärzten durchzusetzen, daß sie keinen KH-Aufenthalt und keine OP mehr wollte (sie war damals immerhin schon 86 Jahre alt und der Krebs wurde erst im Endstadium festgestellt).
Nach ihrem Tod habe ich für mich ebenfalls eine PV ausgefüllt, die ich dann meinem Mann gegeben habe (für den Fall der Fälle bei mir!). Anhand meiner PV hat er dann die Möglichkeit gehabt, für sich ebenfalls eine PV zu erstellen - und bei ihm war es dann auch wirklich notwendig, sie anzuwenden. Es ist mir zwar sehr schwer gefallen, sie dem Arzt auszuhändigen, als keine Hoffnung mehr bestand, und ich bin mir ein Stück weit auch vorgekommen wie ein Richter/Henker(?), aber ich hatte meinem Mann versprochen, ihn nicht länger als nötig leiden zu lassen, und das habe ich gehalten. Es hat danach keine 24 Stunden mehr gedauert bis zu seinem letzten Atemzug, er hat gerade mal solange gewartet, bis wir miteinander allein waren - und ich bin heute froh, daß er nicht länger leiden mußte.
Ich wünsche Euch, daß Ihr diese Erfahrung noch lange nicht machen müßt, aber ich wollte Dich/Euch doch darüber informieren, daß es besser ist, sich auch mit diesen Situationen auseinanderzusetzen - und besser eben noch dann, wenn die eigentliche Situation (hoffentlich) noch in ganz weiter Ferne liegt. Ich schreibe Dir dies auch ganz bewußt in diesem Forum, weil solche Gedanken in dem BSDK-F. anscheinend nicht so gern gesehen und gelesen werden. Ich weiß aber, daß es nichts mit "Hoffnung aufgeben" zu tun hat, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen, sie sind immens wichtig, schon deshalb, damit wir als Angehörige unsere Kraft auf den kranken Partner und dessen Genesung richten und ihn darin unterstützen können, ohne ständig und immer wieder an Sachen zu denken, mit denen wir uns oftmals nur schwer mit anderen austauschen können, selbst nicht mit dem betroffenen Partner, wenn die Krankheit zu weit fortgeschritten ist.
Liebe Taffi, ich wünsche Euch alles Glück der Welt - und ich würde Euch auch raten, jetzt zu heiraten, sofern Ihr das beide für Euer gemeinsames Leben geplant hattet. Eine große, ggf. auch kirchliche Feier kann ja dann immer noch später stattfinden, wenn Dein Partner hoffentlich als völlig geheilt wieder am Leben teilnehmen kann.
Aber nerv ihn nicht, Männer haben oftmals viel mehr Probleme als wir, über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen, aber Du darfst ihn trotzdem immer mal wieder sanft darauf hinweisen, daß es da noch gewisse Dinge zu regeln gibt und daß es besser ist, wenn er - auch schon mal ins "Unreine" - mit Dir seine Ängste usw. bespricht. Ihr werdet feststellen, daß es gemeinsam viel besser geht.
LG
Rena
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