Thema: Und nun?
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Alt 04.10.2005, 08:57
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Lady Molly Lady Molly ist offline
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Registriert seit: 01.05.2005
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Standard AW: Und nun?

Liebe Briele,

danke für deine Antwort und deine Nachricht.

Vom Verstand her weiss ich das wohl einige Menschen aus meinem Leben verschwinden werden. Ich weiss auch das es schwer ist für andere zu sehen das ich für meinen Mann und für die Kinder das Beste versucht habe bzw. versuche, dadurch wirke ich als wenn alles paletti ist und das ist es natürlich nicht.

Hier vor Ort gibt es weitere Witwen, aber die stecken entweder so fest in ihrer Trauer oder sind viel, viel älter, also in einer anderen Situation, es passt einfach nicht. Das Forum hier ist von Anfang an bis jetzt der einzigste Ort wo ich verstanden werde. Ist es denn so schwer in den Kopf zu bekommen, dass ich zwar trauere, aber deshalb nicht mein Leben aufgeben möchte?

Ich kann z.B. auch keinen Friedhof mehr sehen, weil die Menschen oft nicht hingehen um am Grab ihren Lieben Nahe zu sein, sondern um zu giessen, Unkraut zu rupfen, zu sehen wie sauber oder nicht die anderen Gräber sind.
Manchmal stehen Blumen auf dem Grab meines Mannes und ich denke, wofür?
Warum hat die niemand ihm gebracht als er lebte?

Ich versuche meinen Mann zu ersetzen bei den Menschen denen er immer geholfen hat, Nahe stand, übernehme seinen Part. Ich denke bei diesen speziellen Menschen ist das in seinem Sinne. Ach, wie bewundernswert von mir, oder? Keiner sieht das das meine Art der Trauerverarbeitung ist, ich das für mich tue um selber zu überleben.

Es ist so frustierend jeden Tag die gleichen Arbeiten zu erledigen, die selben Diskussionen mit den Kindern zu führen, die bekannten Abläufe hinter sich zu bringen und abends geht keine Haustür auf und niemand kommt mit dem ich darüber reden, lachen und meckern kann.

Nichts hat sich geändert, auch meine Familie oder Freunde nicht, nur ich
und ich sehe einfach den weiteren Weg nicht. Die Taktik jeden Tag anzunehmen und Tag für Tag hinter mich zu bringen mag ganz nett sein, wird auch von vielen gerne empfohlen, aber ich will langsam mal wieder etwas weiter blicken. Ich bin nicht nur seit acht Wochen alleine, das ganze Jahr war praktisch Ausnahmezustand. Letzten Dezember war meine Oma gestorben, dann Männe krank, mein Schwiegervater, die vielen Schicksale nebenan und auch hier.

Ich möchte die Erfahrungen sinnvoll umsetzen, Menschen helfen, ich helfe mir selber damit. Wenn man aber mal ehrenamtliche Hilfe ausser acht lässt, ist man mit 37 Jahren einfach nicht kompetent. Scheinbar habe ich seitdem ich die Schule verlassen habe nichts gelernt, nur weil ich es nicht per Papier nachweisen kann. Was habe ich nur die letzten 20 Jahre gemacht? ;-)

Mich frustriert das alles mehr als der Tod meines Männes. Ich hätte nie gedacht das es einem in allen Bereichen so schwer gemacht wird, nachdem man schon so einen schweren Weg hatte. Zerfällt man in Trauer, soll man funktionieren, lese ich hier zu oft. Will man weiter machen, liegen Steine im Weg und werden noch kräftig neue dazu gelegt.

Liebe Briele, ich weiss, ich kann Stück für Stück mir Hilfen suchen, mein Leben ordnen, aber ich glaube du hast auch verstanden das es mir eher hier darum geht mich einfach auszuquatschen und etwas Echo zu bekommen von Menschen die mich verstehen, die einfach da sind und zu hören, die einfach mal mit mir meckern, mich mal trösten und mir auch mal sagen das ich etwas falsch sehe. Und du bist mir bestimmt eine Hilfe, denn du nimmst mich wahr und machst dir Gedanken zu meinem Geschriebenen und antwortest.
Ich kann dadurch meine Gedanken weiter sortieren und los werden und freue mich sehr darüber. Bin sogar nun am Ende meines Geschriebsels wieder besser drauf :-)

Wenn ich raus schaue sollte ich wohl jedem Leser ein Stückchen Sonne für heute wünschen.

Susanne
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