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Alt 20.12.2002, 10:47
Gast
 
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Standard Jetzt habe ich keine Angst mehr!

Hallo meine Lieben -
zuerst möchte ich Euch für die vielen Postings danken. Sie helfen, wenn man liest, dass auch Ihr Schmerz und Kummer im Herzen tragt, und trotzdem dem Leben die Stirn bietet. Ich nehme mir oft ein beispiel an Euch - und muss mir sagen, dass es mir doch gar nicht soo schlimm geht, wie manchem/mancher hier. Ich habe "nur" meinen Vater verloren. Schlimmer wäre es, Mann Frau oder Kind verloren zu haben. Eben die andere Hälfte. Ich wünsche Euch weiter die Kraft, Störke und innere Ruhe mit dieser schlimmen Erfahrung weiter zu leben - leben! im wahrsten Sinne des Wortes. (Manchmal kann es ja auch im eigenen, kleinen Schneckenhaus ganz kuschelig sein) Und was ich durch Euch alle lernte - und wofür ich Euch herzlich danke: es bringt nichts, alles in sich hinein zu fressen. Wenn es zu viel ist, muss man darüber reden. Und das ich das hier bei und mit Euch darf ist ganz lieb und tröstend!
Doch nun muss ich Euch etwas berichten.
Ich hatte ein einschneidendes Erlebnis.
Ich erzähl es Euch mal:
ich saß im Geschäft am Arbeiten - bereits 4 Stunden vor dem PC - völlig in die Arbeit vertieft. (Dass ich gesundheitlich angehauen bin, hab ich ja schon mal erwähnt) Da wurde es mir plötzlich schwarz vor den Augen - ganz kurz nur - aber ich konnte hinterher nicht mehr richtig sehen (Eingeschränktes Gesichtsfeld, Flackern und Doppelbild). Ich entwickelte keine Panik - griff halb blind nur nach dem Telefon und wählte die Nummer meines Mannes, der auch gleich kam. Er arbeitet in derselben Firma. (Beim Blutdruckcheck war das im hellroten Bereich...) Er hat mich heim gebracht und ich hab mich hingelegt.
Ich wollte keinen Doc! Ich wusste, dass gar nichts passiert, dass ich nur eine kurze Auszeit brauche. Ursache wird wohl - mal wieder, aber das krasseste Mal seither - irgendwie was mit dem Kreislauf gewesen sein.
Aber: In diesem Stadium, wo jeder andere vor Bange wohl durchgedreht wäre und nach dem Notarzt geschrieen hätte, war ich total!!!! ruhig. Ich war aufgefangen. In einer heimeligen Wärme eingeschlossen - auch bevor mein Mann da war. Mein Chef ist verstört aus dem Zimmer gegangen und wollte einen Doc alarmieren.... Nein, ich saß da und war (Oh mann, ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll....) wie Eins mit meinem Vater und vor allem mit meiner Mutter (mit der ich zu deren Lebzeiten ja immer Zoff hatte). Es war ein Gefühl, als wäre ich nach langer Wanderung aus der Kälte heimgekommen und beide ständen auf der Türschwelle, um mich zu begrüßen.
Daheim hab ich mich hingelegt und nach ca. 1 Stunde konnte ich wieder normal sehen - mir ging es wieder gut. Körperlich ausgelaugt - aber sonst ok.
Was habe ich aus diesem Vorfall für mich herausgezogen? Ich habe keine Angst mehr vor dem Sterben! Wenn DAS das Sterben ist, so weiß ich ganz klar, ist das, als würde ich einen lieben Freund begrüßen. Ein Gefühl - ja, als würde ich heim kommen. Dieses "vor mir" war einfach Frühling...
So habe wohl auch meinen inneren Frieden geschlossen - mit meiner Mutter (sie war nicht so dominant und präsent wie mein Vater - aber da) und meinem Vater.
Ich hab hinterher noch einen Gedanken nach oben geschickt" Jetzt noch nicht - ich will noch bei Klaus (mein Mann) und Per (Sohn) bleiben und würde hier gerne noch einiges bewegen.
Seitdem ist auch irgendwie Ruhe eingekehrt. Ich kann jetzt an Vater und Mutter denken ohne große Emotionen. Wohl mit einer sanften Trauer - aber eigentlich fast schon mehr mit der Freude und Neugier auf ein Wiedersehen.
Nun wünsche ich Euch ein ruhiges Fest und denkt daran, wenn es dieses Jahr ganz traurig und Still ist - es werden auch wieder andere Zeiten kommen - wir müssen sie nur zulassen.
Viel Kraft und bleibt gesund!
Inga