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Alt 16.07.2014, 12:50
Charl0tte Charl0tte ist offline
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Standard AW: Habe ich mit der falschen Therapie angefangen?

Hallo liebe Jule,

Du machst das super! Ich bin wirklich begeistert. Wenn ich zurückdenke, wie ich zu Zeiten meiner Diagnose unterwegs war, ich glaube ich war irgendwie gar nicht zurechnungsfähig. Und Du? Du tauschst Dich hier mit uns aus, als wärst Du eine alte Häsin. Ich konnte seinerzeit nicht einmal die Tatsache in mich "einsinken" lassen, dass ich tatsächlich Krebs haben sollte und dann auch noch so einen fortgeschrittenen und nix davon zu merken, das fühlte sich einfach alles wie "im falschen Film" an. Und Du bist hier, holst Dir alle Infos, die Du kriegen kannst und planst Deine Entscheidungen. Liebe Jule, besser kannst Du es nicht machen.

So jetzt zu Deiner Frage, die natürlich alles andere als blöd ist. Denn schließlich soll die Behandlung, wie immer sie denn im Detail aussehen wird, Dir gerade wieder zu einem Leben jenseits des Krankenbetts und des Sofas verhelfen. Auch hier gibt es natürlich große Unterschiede, deshalb erzähle ich Dir, wie es mir erging. Ich muss dazu sagen, dass ich in den Monaten vor der OP bzw. der Diagnose viel Sport gemacht habe und so gut trainiert war wie nie zuvor in meinem Leben. Das widerspricht sich jetzt vielleicht, aber wie gesagt, ich hab' mich ja bis zwei Wochen vor der Diagnose für topfit und gesund gehalten. Was ich sagen will, ein kleiner Vorteil für mich, dass ich also eine ganz gute Muskelmasse angesammelt hatte, die mir dann hinterher vielleicht eine kleine Hilfe war. Wie die meisten hier, hatte ich aber sehr viel Blut bei der OP verloren, ich bekam drei Blutkonserven und hatte postoperativ trotzdem einen unterirdischen Hb von 6,7. Und so fühlte ich mich auch. Ich war fünf Tage auf Intensivstation und elf Tage auf Normalstation, dann kam ich heim. Immer noch mit einem Hb von knapp 7. Aber da die Bildung von neuen Blutkörperchen eben rund drei Monate in Anspruch nimmt, steigt der Hb natürlich auch nur langsam an. Als ich heimkam, konnte ich nach wie vor nur mühsam laufen, habe mich dann zu regelmäßigen Spaziergängen (gaaaanz langsam und in Begleitung meines Süßen) gezwungen, und - siehe da - nach einer Woche täglichen Spaziergängen meldete sich mein Kreislauf zurück und ich musste mich nicht mehr sofort hinlegen, sondern konnte dann schon ein paar Handgriffe in der Küche machen. Freu Dich auf diesen Moment, er fühlt sich genial an! Und dann ging es wirklich TÄGLICH aufwärts. Schon nach ein paar Wochen konnte ich wieder ins Karate-Trainig - natürlich im Schongang - aber ich konnte ein bisschen "mithüpfen" und mein Mann, der praktischerweise das Trainig gibt, hat immer Anweisung gegeben, dass mit mir vorsichtig umzugehen sei. Da ich keine Chemo gemacht habe, gab's auch in dieser Hinsicht keine "Delle" in der Aufwärtsentwicklung und heute, eindreiviertel Jahre später bin ich fitter als zuvor . Die ersten zwei, drei Wochen konnte ich zwar mit zum Einkaufen gehen, d.h. langsam laufen ging, aber dann das Stehen an der Kasse, hat mich total angestrengt, so dass ich dann immer schon vor bin ins Auto. Aber so etwa fünf bis sechs Wochen nach der OP war das auch Vergangenheit. Was mir rückwirkend geholfen hat, war, dass ich mir jeden Tag eine kleine Herausforderung gestellt habe: Spaziergänge, und wenn's nur 15 bis 30 Minuten waren, wenn Du am Anfang noch nicht laufen kannst, dann setz Dich wenigstens ein bisschen in die Sonne, das belebt ungemein und hellt die Stimmung auf. Überlege, von wem Du Besuch haben möchtest und von wem nicht und kommunizier das eindeutig, und tu Deine Wünsche kund, was Mitbringsel angeht. Es muss nicht immer der Blumenstrauß sein. Ich fand eine Tüte leckeres, frisches Obst im Krankenaus viel hilfreicher um das unterirdische Essen dort aufzupeppen, nur so als Beispiel.

Liebe Jule, wie Tündel schon so schön sagte - und sie muss es wirklich wissen!!! - DU triffst die Entscheidungen! Und außer "Müssen" müssen wir gar nix. Danke Tündel für diese Weisheit! Ärzte haben zwar studiert, aber sie können eben auch nicht alles wissen. Da fällt mir ein schöner Satz ein: "Alles, was die Medizin heute weiß, ist nichts weiter als der aktuelle Stand des Irrtums." Wenn das alles so endgültige Wahrheiten wären, die die Ärzte so verkünden, dann dürfte es ja keine Kranken mehr geben und wir dürften alle mit 150 Jahren total "gesund sterben" .

Liebe Grüße und alles Gute
Charl0tte

Geändert von Charl0tte (16.07.2014 um 13:04 Uhr)
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