Lieber Sonnenfrosch,
nach einem eindrucksvollen Tagesausflug in den Schwarzwald schrieb ich gestern meine Gedanken in deinem Thread Der Wahnsinn nieder.
Hier möchte ich meine Zeilen noch mal für alle zugänglich machen, die, wie du, Unterstützung, Kraft und Trost benötigen:
VOM WUNDER DER NATUR
Mein gestriger Ausflug führte zum Lothar-Pfad auf dem Schliffkopf im Schwarzwald, benannt nach dem Orkan Lothar, der im Jahr 1999 am 2. Weihnachtsfeiertag in kürzester Zeit einen unglaublichen Kahlschlag im Schwarzwald verursachte, dessen Spuren noch heute sichtbar sind.
Kahl und tod sieht die Natur von weitem aus, vereinzelt stehen noch abgebrochene rindenlose Baumleichen ....
Man hat inzwischen fast das ganze Sturmholz "ordentlich" abgeräumt - nur an einer Stelle, in einem kleinen Areal ließ man das Werk der Natur unberührt. Um zu beobachten, wie die Natur, sich selbst überlassen, Schritt für Schritt ihren Platz zurückerobert. Man hat einen Pfad aus Holzplanken hindurchgebaut, auf dem man durch das Areal hindurchgehen kann. Und ES IST FASZINIEREND:
In dieser Versuchsregion ist es schon wieder wesentlich grüner, als dort, wo forstwissenschaftlich der Mensch eingegriffen hat. Baumpilze und Kleinstlebewesen machen das Holz zu neuem Humus, überall spriesen neue Tännchen, Fichten, Kiefern, Birken, teils sind es schon Gruppen mannshoher Bäume, die umgestürzten Stämme bereits überwuchert, Farne, Heidelbeer, Himbeer und Brombeer sind auch schon da, der Fingerhut hat sich angesiedelt ...
Das Leben strotzt und spriest saftig grün mit voller Kraft,
dass es nur so eine Freude ist -
für den, der die Augen hat zu seh'n.
Fast 7 Jahre sind vergangen seit jenem unheilvollen 2. Weihnachtsfeiertag - in weiteren 7 Jahren wird in der unberührten Lotharpfad-Region nichts mehr von diesem Ereignis zu sehen sein. Wo der Mensch zuvor eine schnellwachsende, flachwurzelnde (das war das Verhängnis) Fichten-Monokultur angepflanzt hatte, wird eine ungleich größere Pflanzen- und Baum-Vielfalt sich ihren Platz zurückerobert haben.
Das Erleben dieses
WUNDERS hat mich immer wieder an dich, lieber Sonnenfrosch -
an uns Krebspatienten, an alle, die in einer scheinbar hoffnungslosen Situation danieder liegen, erinnert.
WAS DAS ALLES MIT UNS ZU TUN HAT?
Mit der Diagnose scheint eine Welt zusammenzubrechen,
so wie der Orkan an unseren heiligsten Feiertagen über unsere heile Welt hereingebrochen ist;
der Tod scheint schon an die Tür zu klopfen,
so wie diese Landschaft auf den ersten oberflächlichen Blick tod erscheint;
der Körper wird geschunden und gebrochen,
so wie diese Bäume gebrochen wurden;
kahlköpfig sind wir wie die Landschaft dort;
und DOCH keimt in diesem scheinbaren Untergang so viel
neues, saftiges, vielfältiges, kraftvolles, wunderbares Leben,
schöner als die Natur dort an diesem Ort je war.
so wie auch du, lieber Sonnenfrosch,
mit neuer Kraft und Lebendigkeit aus dieser momentan schweren Zeit hervorgehen wirst!!!
so wie die Menschen, die vor dir diesen Weg gegangen sind
und dir mit dieser neuen Kraft jetzt Unterstützung senden und
so wie jene, denen auch du eines Tages wieder von dieser Kraft weitergeben wirst ....
(C) Bellinda Okt. 2006
LICHT UND LIEBE
Bellinda