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Alt 07.12.2012, 20:51
mia32 mia32 ist offline
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Standard AW: mama, nun bist du ein engel

Hallo Tine,

ich kann gut verstehen, dass Du Dir wegen der letzten Minuten Deiner Mami Vorwürfe machst. Bei mir ist es auch so.
Meine Schwester und ich haben meine Mama die letzten 2 Wochen gemeinsam Zuhause gepflegt (mit minimaler, aber verlässlicher Unterstützung durch einen Hausarzt). Ca. 6 Tage vor ihrem Tod setzte sie sich auf, weil sie mit unserer Hilfe auf den Toilettenstuhl wollte. Sie saß eine ganze Weile, doch dann ließ sie sich wieder fallen und ächzte leise "Ich schaff es nicht!". Sie war einfach zu schwach geworden. Ich sagte ihr, dass es nicht schlimm sei, wir hätten im Sanitätshaus Windeln zum Testen bekommen. Selbst da redete ich mir ein, dass wir sie noch ganz lange bei uns haben würden. Einen Tag später holten wir den Hausarzt, weil meine Mama nichts mehr essen konnte (obwohl sie vom Verstand her eigentlich wollte) und er sagte uns, dass wir sie in den Wachphasen nicht mehr daran erinnern sollen, da es jetzt mit ihr zuende gehen würde und die Aufforderung sie in ihren letzten Tagen nur belasten würde. Ich hatte das Gefühl ich müsste sie verhungern lassen, obwohl ich vom Verstand und von Recherchen im Web her wusste, dass er Recht hatte. Ab diesem Tag war sie nicht mehr wirklich ansprechbar und ihre Augen waren durchweg geschlossen. Wir versuchten aber auch nicht mit Nachdruck sie anzusprechen, da sie sehr große Angst vor dem Tod hatte und wir dachten, dass der Schlaf bestimmt besser für sie wäre. Wir lasen ihr vor und waren rund um die Uhr teilweise abwechselnd bei ihr. Morgens an ihrem Todestag erhöhte ich den Kopfteil des Pflegebettes etwas, um ihr das Schlucken der zusätzlichen Schmerztropfen zu erleichtern. Leider fing sie durch die Lageveränderung an zu Würgen und machte auch ihre Augen wieder halb auf (ohne klar zu gucken). Das hätte ich ihr gerne erspart. Ich hatte große Angst, dass sie wegen mir ersticken könnte, aber es ging nochmal gut. Ab da war Mama sehr unruhig und ich bin fast durchgedreht bei dem Gedanken, was jetzt wohl in ihr vorgehen mag. Meine Schwester und ich rechneten jeden Moment damit, dass sie von uns gehen würde. Gegen Mittag wurde sie wieder ruhiger. Meine Schwester und ich atmeten tief durch und meine Schwester meinte, dass jetzt ein guter Moment sei, um die Windel mal zu wechseln. Während wir das machten, verstarb sie einfach!!! Deshalb und wegen des Würgens am Morgen mache ich mir heute noch Vorwürfe!!! Mein Verstand sagt mir zwar, dass es keine Absicht war und dass ich es einfach in dem Moment nicht besser wusste. Trotzdem würde ich mir sehr, sehr wünschen die Zeit zurückzudrehen und es besser machen zu können ...
Du siehst also, dass es nicht nur Dir so geht. Auch ich bereue sehr, was passiert war. Manchmal hilft zwar der Verstand, aber wenn die Gefühle Oberhand haben (was recht häufig ist), geht es mir auch heute noch - nach über 2 Jahren und aml davon abgesehen, dass ich sie sowieso extrem vermisse - beschissen bei dem Gedanken an Mamas letzte Stunden.
Fühl Dich mal ganz doll gedrückt!
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