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Alt 30.12.2005, 14:23
chrischan chrischan ist offline
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Standard AW: ist Krebs ansteckend, oder warum.......

Hallo Achim,

ich stimme Jutta, Jürgen und Thomas zu: Es ist oft weniger Gleichgültigkeit als vielmehr Angst. Aber Angst nicht nur vom Tod oder dem Sterben, sondern auch (ich glaube vor allem) vor der Hilflosigkeit, der Abhängigkeit und der Schwäche der Kranken.
In unserer Gesellschaft regiert das Ideal des unabhängigen Einzelkämpfers, der jede Situation alleine meistern kann. Das Schlimmste, was man sich hier vorstellen kann, ist krank und schwach, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Wenn ich nachdenke, wie eifrig und zustimmend das Thema Sterbehilfe diskutiert wird oder wie oft ich in den letzten Jahren von Leuten gehört habe, sie wollten lieber sterben als unheilbar krank, pflegebedürftig oder behindert zu sein, dann ist klar, der gesunde Teil der Bevölkerung fürchtet nichts so sehr, wie den eigenen Vorstellungen von einem lebenswerten Leben nicht mehr gerecht zu werden. Dass die Perspektive als Kranker vielleicht eine andere ist, liegt schon jenseits der Vorstellungskraft. Und so wissen sie dann mit einem Kranken im Freundes- oder Kollegenkreis tatsächlich nichts mehr anzufangen.

Ich muss sagen, wenn ich deine Geschichte lese oder die vieler anderer hier, habe ich ziemliches Glück gehabt. Ich habe eine Handvoll Freunde, die alles mitgemacht haben. Auch die hatten teilweise Angst, mich zu besuchen, aber sie haben sie überwunden und sind trotzdem gekommen und dann kann man auch als Kranker oder Angehöriger etwas tun, um die Unsicherheit zu nehmen.

Wie Jutta schreibt, fände ich es auch richtig, die (ehemaligen) Freunde darauf anzusprechen, natürlich nur, wenn die Kraft vorhanden ist. Ich finde es unfair, wenn man nicht nur mit der Sch***krankheit alleine dasitzt, sondern den Schmerz über den Verlust der Freunde auch noch tragen muss. Diesen Schmerz und die dazugehörige Wut sollten auch diejenigen zu fühlen bekommen, die ihn verursacht haben. Vielleicht ein Brief "an die ehemaligen Freunde"? Na ja, es braucht schon etwas Power, um so eine Konfrontation einzugehen und wahrscheinlich braucht ihr davon gerade alles für euch.

Ich wünschte, ich könnte dir und deiner Frau etwas von diesem zusätzlichen und so überflüssigen Schmerz nehmen.

Dir und deiner Frau schicke ich ganz liebe Grüße und wünsche euch frohes neues Jahr.
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