Einzelnen Beitrag anzeigen
  #1  
Alt 31.07.2004, 00:42
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Letzte große Reise

Mein Vater, 74 wird sich bald auf die letzte große Reise machen.
Bis zum Jahresende ist er immer fit gewesen, geistig und auch körperlich.
Anfang Januar klagte er über etwas Appetitlosigkeit, etwas Bauchweh und ließ sich untersuchen. Nach 2 Wochen war alles klar. Eine ausgedehnte Peritonealcarcinose ohne Primärtumor. Das war der Beginn eines Leidensweges für meinen Vater. Zum Diagnosezeitpunkt leider bereits absolut inoberabel, wurde nach Histologie, Folfox IV (5FU und Oxaliplatin) gegeben. Leider hat es kaum etwas(bis nichts) bewirkt. Später wurde auf Campto Monotherapie und dann nochmals auf Xeloda umgestellt. Hat alles nichts genützt. Nur die Nebenwirkungen die hatte er ordentlich. Irgendwann vor einigen Wochen hatte er ein subakutes Leberversagen und drohte ins Leberkoma abzugleiten. Einmal hat er sich noch hochgerappelt. Aber nun scheint es wirklich zu Ende zu gehen. Die Leberwerte sind schlecht, Bilirubin steigt wieder an und man kann richtig zusehen wie die Lebensenergie jeden Tag weniger wird. Er hat bereits generalisierte Ödeme und einen massiven Ascites. Bald wird er auf seine letzte große Reise gehen. Ich habe in den letzten Monaten täglich mehrmals gesprochen (Wir wohnen einige 100 km weit weg) und bin ihm menschlich so nahe gekommen wie nie zuvor in den vergangenen 45 Jahren. Was wir alles aufgearbeitet haben. Obwohl es in unsere Familie nie üblich war zwischen Männern zärtlich zu sein, umarme ich ihn nun, wenn ich ihn besuche. Zuerst war es ihm unangenehm, aber nun nimmt er es auch an. Er fühlt sich auch sicher wenn ich seine Hand halte und streichle. Er wird nur noch wenige Tage leben, wir sind nun im Reinen miteinander und das ist sehr wichtig für uns beide. Ich habe ihm auch gesagt wie stolz ich auf ihn bin, wie toll er diese ganze Scheiße ertragen hat. Sorry für den Kraftausdruck aber das musste sein. Ich habe ihn aber nun bereits losgelassen und ihm gesagt dass er auf die ganz große Reise gehen darf wann immer er will.
Er wird mir fehlen und ich werde sehr traurig sein und bin es bereits. Er hat soviel Gutes für mich getan, er hat mir soviele Chancen im Leben gegeben. Ich habe ihn im letzten halben Jahr neu kennen und lieben gelernt.

Danke dass jemand meine Zeilen liest. Vielen von euch geht es sicher sehr ähnlich. Irgendwie kann man aus dem gemeinsamen Leid doch auch wieder etwas Trost bekommen.

Friedl
Mit Zitat antworten