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Alt 13.08.2017, 01:44
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Non-Hodgkin-Lymphom ("böse" bösartig) , Therapie an über 71-Jährigem

Hallo,

es ist nun ca. 1 Jahr verstrichen, seit meine Krebs-Behandlung erfolgreich beendet wurde.
Deshalb berichte ich noch, welche "Nachwirkungen" der Behandlung an mir "hängenblieben".

Gemessen am Erfolg der Behandlung sind sie an sich kaum der Rede wert.
Es ist jedenfalls nichts, mit dem man nicht auch ganz gut weiterleben kann.

Im Einzelnen:

1) Gewisse Taubheit an Fingern und Füßen.
Bei den Fingern bin ich mir nicht so ganz sicher darin, ob ich mich nicht inzwischen nur daran gewöhnt habe, obwohl sich kaum etwas daran veränderte.

Bei den Füßen ist die Taubheit deutlicher feststellbar.
Wenn ich die Zehen, etwas damit greifen wollend bewege, kommt es mir so vor als seien das "Fremdkörper" von mir.
Rechts stärker als links.
Mit den Zehen griff ich aber früher auch nichts.
=> Die jetzige Taubheit tangiert mich deshalb herzlich wenig.

2) W.o. erwähnte bogenförmige Rillen an den Fingernägeln sind nahezu vollständig verschwunden.

3) Der rote Längs-Streifen am linken Ring-Fingernagel ist noch vorhanden.
Am Ende dieses Fingernagels neigt dieser dort zu Brüchigkeit.
Den Nagel ließ ich auch mal 3 bis 4 mm herauswachsen, um sehen zu können, was sich dann tut.
=> Er bekommt dort einen Riss.
Bei Beanspruchung des Fingernagels reißt er dort dann auch sehr leicht ein bzw. Teile von ihm brechen einfach heraus.

4) Der Haarwuchs nach der Therapie ist relativ prächtig.
Meine vorher etwas ergrauten Haare wuchsen überall dunkler nach.

Es stellte sich auch eine Merkwürdigkeit ein:
An meinen Armen "wehten" extrem lange Haare herum, was ich beim Autofahren in diesem Jahr feststellte, nachdem es wärmer wurde.
Auf der Linie kleiner Finger/Ellenbogen-Gelenk wirbelten da am Unterarm Haare herum, die ich früher niemals wahrgenommen habe.
Befragte dazu auch meine Familie, ob die das schon mal (früher) an mir gesehen hätten.
=> Fehlanzeige.
Ist schon merkwürdig, daß nur auf dieser gen. Linie Haare daherwuchsen, die ca. 8 cm (!) lang sind.
"Kratzt" aber auch nicht weiter.
In meinem Alter ist man ja ganz froh, wenn überhaupt noch etwas wächst.
Krebse natürlich ausgenommen - will ja keiner haben.

5) Meine Haut reagiert immer noch anders als früher.
Bei Schlageinwirkung verfärbt sie sich sofort in's rötlich/violette.
Es dauert auch relativ lange, bis das dann über dunkelrote Färbung allmählich wieder verschwindet.

6) Mücken-Stiche oder Zeckenbisse "verkrafte" ich nicht mehr so gut, wie das früher der Fall war.
Dauert viel länger, bis das wieder "abschwillt", und ich muß mich da auch sehr mit dem Kratzen zurückhalten:
Will manchmal kratzen, bis Blut fließt.

7) Mein Immunsystem ist wieder völlig i.O.
Im September des vergangenen Jahres zog ich mir eine Schürfwunde am linken Schienbein zu.
Ca. 8 cm lang und ordentlich blutend.
Normalerweise desinfiziere ich so etwas sofort, weil Schürfwunden "ekelhafter" abheilen als Schnittwunden.

Die Wunde desinfizierte ich aber nicht, obwohl ich das hätte tun können.
Weil ich einfach wissen wollte, wie sich das weiter entwickelt.
Entwickelte sich normal, wie das bei einem intakten Immunsystem üblich ist.

8) Das Empfinden, was mir essensmäßig so zuträglich ist, hat sich nicht verändert.
Gebe wie eh und je meinem Körper halt einfach das, wonach er verlangt.
Mein über 1 Jahr dauerndes "Hinfreß-Programm" ist beendet, seit ich ca. 80 kg (mit Klamotten) wiege.
Damit hatte ich das erreicht, was ich an mir "auf den Rippen" haben wollte:
Ca. 10 kg zum "Zusetzen" zu haben, falls da wieder mal so ein Krankheits-Mist zu bewältigen wäre.

9) Verdauung ist wieder normal.

10) Körperkraft ist auch wieder abrufbar.
Eingedenk des Rates meiner Onkologin "schonte" ich meinen Körper dieses 1 Jahr noch etwas.

11) Die LK-Situation ist unverändert.
Neulich tat mir rechtsseitig am Unterkiefer etwas weh.
Vermutlich, weil das Gebiß etwas auf dem Unterkiefer herumschurigelte.
Prompt bildete sich dort unterhalb davon ein LK.
Da hockt nun auch ein ganz kleiner neuer LK und "filtert" so vor sich hin.
"Kratzt" mich überhaupt nicht, weil ich seit weit mehr als 50 Jahren daran gewöhnt bin, daß da LK ihren Dienst leisten.

12) Insgesamt geht es mir recht gut.
Freue mich des Lebens und auch darüber, daß ich weiterhin keinerlei Tabletten nehmen muß, um "gesund" bleiben zu können.

So lange noch Gerste, Hopfen, Kartoffeln, Roggen und Weizen auf den Feldern wachsen, mache ich mir wenig Sorgen um mein Überleben.


Denke im Übrigen, daß man nicht immer alles gleich dramatisieren muß.
Die menschliche Evolution hat uns nämlich recht gut für's Überleben ausgestattet.

Sicher können wir uns auch tödliche Krankheiten aller Art "einfangen".
Bevor die uns aber "erledigen" können, gibt es da schon noch einige Barrieren für sie.
Angefangen bei unserem "reparierbaren" Immunsystem, bis hin zur Medizintechnik.

Wobei letztere uralt ist.
Ich halte es deshalb auch für völlig blödsinnig, überhaupt von "Alternativ-Medizin" zu sprechen.
So, als wäre das eine Alternative zu dem, was sich bei Behandlungen immer wieder als erfolgreich erwiesen hat.
Weil es an sich nur eine Medizin gibt, die seit jeher immer die gleiche Zielsetzung hatte:
Heilen bzw. Lindern zu können.

Früher hatte ich keine Veranlassung, über Krebse nachzudenken.
Heute bin ich froh darüber, daß auch bei mir die verfügbare Medizintechnik erfolgreich war.
Denn vor einigen Jahrzehnten wäre ich vermutlich wg. meines Drecks-Lymphoms gezwungen gewesen, entspr. tödliche Konsequenzen zu ziehen.

Damit will ich sagen:
Es gibt heute phantastische Möglichkeiten, Krebse sowohl exakt diagnostizieren, als auch bekämpfen zu können.
Denke, das hat mir mein Leben "gerettet".

Was ich allen anderen Krebs-Betroffenen analog genau so wünsche.


Liebe Grüße
lotol
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Krieger haben Narben.
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1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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