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Alt 06.10.2014, 13:33
Anitchen33 Anitchen33 ist offline
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Pfeil AW: junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe K. (Caput),
liebe Leidensgenossinnen,

ich möchte Euch allen mein Beileid ausdrücken und bin froh zu lesen, dass ich nicht so ziemlich die Einzige mit diesen Sorgen bin.

Übermorgen ist meine Mama schon 1 Jahr nicht mehr bei uns. Sie starb letztes Jahr an Lungenkrebs einen Tag vor meinem 33. Geburtstag und musste sich nach Diagnosestellung 6 Monate lang quälen. Darüber gesprochen haben wir nie so richtig, aber ich war froh die wenige Zeit mit Ihr verbringen zu dürfen. Leider hat sie alle meine Ratschläge nicht angenommen, Ärzte habe ich nie sprechen können. Auch sie wollte sicherlich die verbleibende Zeit nicht mit diesen Gesprächen verbringen. Seit 14 Jahren wohne ich schon mehrere hundert Kilometer von meinem Elternhaus weg. Daher konnte ich nur alle 14 Tage am Wochenende zu ihr fahren und versuchen Sie und meinen Stiefvater zu unterstützen. Ich weiß, dass sie das sehr zu schätzen wusste. In den letzten 3 Tagen vor Ihre Tode konnte ich bei ihr sein und da sie nicht mehr sprechen konnte, haben wir uns viel über die Augen unterhalten. Das tröstet mich sehr, denn es war wie Telepathie.

Caput, so wie Du beschreibst hat sich auch mein Stiefvater unmöglich mir gegenüber verhalten. Er ist ein reiner Egoist und dachte auch in den 23 Jahren des Zusammenlebens mit meiner Mom immer nur an sich. Ich dachte, man könne sich im Laufe der Zeit ändern, denn er war immer wie ein Vater zu mir - aber weit gefehlt. Er hat in den ersten 4 Wochen nach dem Tod meiner Mama sein wahres Gesicht gezeigt, mich mit Beleidigungen und Lügen überhäuft. Eine neue Freundin hat er schon seit 6 Monaten wieder...und ist in eine neue Wohnung gezogen ...ohne auch mir auch im ganzen Dorf schlecht nachzureden, versteht sich.
Es scheint, er hat mit dem Tod meiner Mutter am Tag selbst den Lebensabschnitt völlig abgeschlossen und sich sein Leben von da an direkt neu eingerichtet. Ohne mich oder seine vier eigenen Töchter. Obwohl eine ist wieder direkt in seinem Leben. Aber wie der Vater so die Tochter. Die ist auch nur hinter seinem Geld her, denn davon hat er eine beachtliche Menge. Also, sehr ähnlich wie bei Dir auch: Die "Familie" ist nicht zusammen, sondern viel weiter auseinander gerückt.

Aber die Gefühlskälte direkt nach dem Todestag kenne ich gut. Im Verstand ist die Tatsache angekommen, aber es gibt ja soviel zu tun. Beerdigung organisieren, Haushalt aufräumen, Erbschaftsangelegenheiten regeln... Die Arbeit lenkt ab, und außerdem hatte ich einen Arbeitsdrang wie sonst nie.
... und im Gefühl ist es, als wäre sie nur im Urlaub und kommt eigentlich jede Minute wieder durch die Tür und erzählt, wie schön es war. Wie oft habe ich das geträumt...
Weit gefehlt. Nach 8 - 12 Wochen kam auch im Gefühl an, dass sie nicht wiederkommt und so saß ich jeden Tag allein und weinte wie selten in meinem Leben. So jetzt auch. Ich vermisse sie jeden Tag so sehr und wünschte, sie wäre hier.

Dazu kommt, dass ich noch 4 Halbbrüder habe, die ebenfalls nur auf auf ihren Vorteil bedacht und lediglich daran interessiert sind, was und vor allem wieviel sie kriegen. Niemanden interessiert es, dass das eigentlich nur passiert, weil jemand gestorben ist. So intrigiert man viel hinter meinem Rücken, rückt mir von Anfang an ohne mich persönlich zu fragen mit Anwälten zu Leibe und setzt mich mit vielerlei Lügen und Spinnereien unter Druck.

Mein Elternhaus musste ich nun aufgrund der Pflichtteilsansprüche meiner Brüder verkaufen und bin dabei, die letzten Arbeiten des Ausräumens hinter mich zu bringen: Allein. - Sicher meine Brüder haben angeboten zu helfen, wollen aber nur herumspionieren, was es zu holen gäbe. ...und auf dieses geheuchel habe ich keine Lust. Noch weniger auf die Lügen, die sie über unsere Mutter erzählen. SIE kann sich ja nicht mehr wehren. Klar, das Leben mit Ihr in Kindertagen war nicht immer einfach (es hat ja einen Grund, warum ich auch soweit weg wohnte), aber NIEMAND hat es verdient, dass man nach seinem Tode schlecht über ihn redet und womöglich noch Märchen erzählt. So möchte ich mir das Bild von ihr bewahren, wie ich sie kannte. Das und die Zweifel über meine Unzulänglichkeiten in diesem Zusammenhang schmerzen schon genug.

Kennt nicht jemand eine Selbsthilfegruppe, an die ich mich wenden könnte? Eigentlich geht es mir nicht soo schlecht - ich funktioniere im Alltag, aber gerade das macht mir etwas Sorgen, denn ich neige mittlerweile etwas zu Suchtverhalten. Dazu muss ich sagen: Ich habe keine Partnerschaft im Hintergrund, erst recht keine Kinder und eigentlich keine wirklichen Freunde. Viele können mit meiner Problematik nichts anfangen, weil sie alle ihre Mütter noch haben. Die restliche Verwandschaft meiner Mom haben alle ihre eigene Familie und so bleibe ich auch da außen vor. Ich fühle mich soo allein.

Ich fühle mit Euch allen und wünsche Euch viel Kraft für Eure Zukunft. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreiben konnte, geht es mir es mir ein klein wenig besser. Ich danke jedem für das Lesen und hoffe, es tröstet Euch ein wenig, geteiltes Leid hier fühlen zu können.

Um weiter vorne auch zu zitieren: Es wird wieder gut - aber anders. Das hoffe ich sehr für uns alle!

Anitchen33

Geändert von gitti2002 (06.10.2014 um 13:49 Uhr) Grund: Beiträge anderer User nicht in der vollen Länge noch mal als Zitat ins Forum stellen
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