Einzelnen Beitrag anzeigen
  #12  
Alt 09.09.2007, 22:19
meinedrei meinedrei ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 13.08.2007
Beiträge: 16
Standard AW: Mein Vater ist nun zu Hause, so schrecklich!

Hallo ihr Lieben, danke, besonders dir, Annett.
Was soll ich tun, um meinen Platz zu behaupten? Bin mir nicht mal sicher, ob ich ihn wirklich einnehmen will, 18 Jahre ohne Kontakt gehen auch nicht spurlos vorbei.
Ich bin hin- und hergerissen.

Das Gespräch, das die restliche Familie geführt hat, ist vorbei, es hat niemand angerufen. Aber ich merke, dass es für mich nicht mehr so schlimm ist, dass ich die Situation verdaue.
Und zwar ist der schlimmste Schock, dass mein Vater sterben muss - das wie und wo tritt irgendwie in den Hintergrund, denn ich kann definitv nichts konkretes tun.

Leider KANN ich nicht früher zu ihm fahren, ich habe niemanden, der mir die Kinder für 2 oder 3 Tage managen könnte, es wäre einfach organisatorisch nicht möglich, denn wir wohnen ja noch nicht so langer hier, ich habe noch keine guten Freunde oder Bekannte hier.

Aber ich spüre, dass ich irgendwie zur Ruhe komme, ich weiss dass es blöd klingt, aber wie gesagt - ich akzeptiere langsam, dass er sterben muss, dass es bald sein wird.
Und ich weiss, dass meine Geschwister und seine Frau alles nur mögliche für ihn tun.

Natürlich hänge ich mich nicht blind an den Satz, dass ich meine Aufgabe an ihn erfüllt hätte, aber ich habe ihn so lange hin- und hergewendet, dass ich das Gefühl hatte, dass es der Knackpunkt war.
Meine Aufgabe an meinen Vater war, dass wir uns sehen, dass wir uns verzeihen und dass wir beide spüren, dass wir uns lieben.
Und so war es, genau so.
Aber weiter reicht meine Aufgabe nicht, das, was mir weh tut, ist das ausgeschlossen sein von seiner Pflege, von seinem Leid, von seinem Alltag.

Aber die Realität ist so, dass ich es akzeptieren muss, denn in der kurzen Zeit, in der ich bei meinem Vater sein könnte, kann ich nicht wirklich helfen, ich kann ihm nur zeigen, dass ich da bin, aber ich habe sein "alles ist gut" gespürt. Das ist mir wichtig.

Er ist übrigens leider kaum noch klar, bekommt sehr viel Morphium und mehr Beruhigungsmittel, da er doch so unruhig war. Er ist nur noch ein paar Mal am Tag für ein paar Minuten ansprechbar, ansonsten driftet er weg und schlummert. Schmerzen hat er keine. Aber er ist erbärmlich schwach geworden, er bekam nun einen Toilettenstuhl, das konnte er bisher wenigstens selbst und wenn er eine schlechte Phase hat, dann kann er kaum den Kopf halten.

Wenn ich so an meine ersten Postings denke, ist schon eine enorme Wandlung in mir vorgegangen. Aber man lebt ja auch um zu lernen.

Bonhoeffers "von guten mächten wunderbar geborgen" war übrigens unser hochzeitslied, denn ich liebe dieses lied so sehr, unabhängig von krankheiten, schon ganz früh war es für mich ein sehr wichtiges lied, daran denke ich irgendwie immer.

... noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last,
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das Du uns geschaffen hast.

Liebe Grüße und nochmal danke und euch allen viel Kraft und Mut
Mit Zitat antworten