Einzelnen Beitrag anzeigen
  #9  
Alt 26.02.2012, 19:30
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.05.2011
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.529
Standard AW: Von Verzweifelung Angst und Hoffnung getrieben

Liebe Opatochter,

ich kenne das nur zu gut... man entwickelt einen Hass auf alles und jeden... Und es genügt ein Papierschnipsel und man rastet schier aus. Es ist einfach nur ungerecht! Warum ausgerechnet dein Papa? Und warum wird es nicht wieder gut?!

Deine Gefühle hatte ich auch und ich denke, das ist gut so! Wie anders sollst du das alles verkraften? Der Schock der Diagnose ist grauenhaft. Du hast das Gefühl, eine Bombe wird in dein bzw. euer Leben geworfen, die alles zerstört. Dir wird der Boden unter den Füßen weggezogen, du stürzt in die Tiefe und versuchst, dich an irgendetwas festzuhalten, doch alles reißt mit in die Tiefe. Geht es dir so?

Was deinen Sohn angeht... Ich weiß nicht, wie alt er ist und ob du ihm kindgerecht erklären kannst, dass sein geliebter Opa sehr krank ist und wohl auch nicht wieder gesund wird. Auch, wenn er noch so aussieht. Und ob du ihm erklären kannst, dass dich das sehr, sehr traurig macht. Weil das so ist, bist du vielleicht manchmal ungerecht. Solltest du feststellen, dass du unangemessen deinem Sohn gegenüber reagierst, dann entschuldige dich anschließend bei ihm und nehme ihn in den Arm. Kinder sind intuitiv und sehr klug und sie bekommen ohnehin so viel mehr mit, als wir meinen. Deshalb finde ich persönlich es wichtig, sie einzubeziehen zumal dein Sohn so eine enge Bindung zu deinem Papa hat. Dein Sohn wird selbst wissen, was er sich zumuten kann. Er spürt seine Grenzen.

Und ja, es ist alles doof! Und diese Hilflosigkeit macht uns wahnsinnig. Wir können so wenig tun und wollen doch alles unternehmen, um zu helfen, zu unterstützen, Trost und Zuversicht zu geben. Glaube mir, eine Hand zu halten ist sehr viel! Weiterhin da zu sein auch! Viele Menschen verleugnen die Krankheit, können das nicht ertragen und machen einen Bogen, weil sie Angst haben vor ihrer eigenen Endlichkeit, vor ihrer Sterblichkeit. Wenn du für deinen Papa und für deine Eltern jetzt da sein kannst, dann kannst du sehr viel mehr als viele Menschen. Und manchmal tut es auch gut, zusammen zu weinen. Du musst nicht immer stark sein. Auch dich wird die Krankheit deines Vaters verändern. Und wenn du etwas loswerden willst, dann kannst du hier bei uns schimpfen, fluchen, wüten, schreibend schreien und brüllen! Wir verstehen das alle, auf uns musst du keine Rücksicht nehmen und hier musst du dich auch nicht entschuldigen.

Ich wünsche dir, dass du einen Weg findest und weiterhin viel Kraft für dich, deinen Sohn und vor allem für deinen Papa!

Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
Mit Zitat antworten