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Alt 07.08.2013, 14:39
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Gina79 Gina79 ist offline
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Standard AW: Papa, bitte trag mich zurück ins Leben

Hallo Tina!

Ich kann dich so gut verstehen, auch ich versuche immer wieder mich abzulenken und wenn ich dann unterwegs bin kommt oft ein ganz komisches Gefühl auf wo ich plötzlich keine Menschenmengen aushalte. Man versucht war dass man sich beschäftigt aber irgendwie holt es einem dann mitten drunter ein und man kann gar nichts dagegen machen.

Heute vormittag habe ich mir mal die Zeit genommen und bin ganz alleine Nordic Walking gegangen. Sonst gehe ich auch gerne aber eben entweder mit dem HUnd oder ich laufe. Aber während dieses eintönigen Gehens heute schlichen meine Gedanken wieder ganz schnell zu Papa. Ich stellte ihn mir vor wie er war, wie er seine heißgeliebten gebackenen Calamari oder sein gemischtes Eis mit Schlag aß und musste plötzlich ganz arg zu weinen beginnen. Ich habe mich dann auf eine Bank gesetzt und mich so richtig ausgeheult. Danach ging ich weiter und es ging mir besser.
Manchmal, gerade in Ruhezeiten, überkommt es mich so richtig und ich habe mich nicht mehr unter Kontrolle und kann die Tränen nicht mehr zurückhalten.

Ich merke, wie ich mich immer mehr mit Mama zanke und streite, eigentlich wegen Kleinigkeiten. Irgendwie sind unsere Nerven doch noch immer nicht die Besten und wir lassen das dann gegenseitig an uns aus. Wir reißen uns zwar dann wieder ganz schnell zusammen und versuchen wieder normal miteinander umzugehen aber es ist öfter als früher.

Ach Tina, ich kann mir vorstellen, dass dich dieses Gespräch mit dem Hospiz wieder nach hinten geworfen hat. Solche Dinge erinnern einfach zu sehr an diese schlimme Zeit. Ich hoffe du hast das Gespräch mit der Schwester vom Hospiz bald hinter dir. Ich war auch sehr erleichtert als wir uns so zwei Wochen nach Papas Tod im Krankenhaus bedankt haben. Leider war ja Papas Arzt nicht da, ich hätte gerne noch mit ihm gesprochen. Irgendwie habe ich mir dann später überlegt dass ich mich nicht mehr bei ihm melde um über Papa zu reden weil es mich nur noch mehr gequält hätte. Deshalb habe ich mich dann dafür entschieden dass ich es so gut sein lasse wie es war und nicht mehr nachbohre.

Ja, diese Sonntage sind furchtbar, auch für mich immer noch. Sonntag ist oder war eben ein richtiger Familientag. Auch wenn wir "nur" gemeinsam beim Mittagstisch oder vor dem Fernseher gesessen haben, wir waren eine richtige Familie. Ich vermisse diese Sonntage!

Ich hoffe du kannst dich heute wieder ein bisschen ablenken, alles Liebe!
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Mein Papa: Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Diagnose am 21.12.2011
am 23.2.2013
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