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Alt 07.10.2015, 22:14
Sirina Sirina ist offline
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Standard Morphin - Atemlähmung - Quälend?

Hallo, liebe Leidensgenossen.

Meine Mutter ist ins Krankenhaus gekommen (sie sollte nicht elendig zu Hause sterben) und wurde dort glücklicherweise mit Morphin ruhiggestellt. Sie hat 99 % des Tages geschlafen. Wenn sie wach war, war sie kaum anwesend, manchmal aber noch relativ klar, konnte aber praktisch nicht mehr sprechen. Ich war Tag und Nacht da, jede Minute wach, um immer zur Stelle zu sein, habe sie immer gefragt, ob sie Schmerzen hat oder leidet. Sie schüttelte jedes Mal den Kopf, hat immer gemeint sie sei bloß schrecklich müde. Ich hoffe so sehr, dass sie die Wahrheit gesagt hat, weil sie manchmal nach der Halterung über dem Bett griff und wirkte, als wüsste sie nicht wie sie liegen sollte, weil sie Schmerzen hat. Außerdem hat sie anfangs ständig das Gesicht wegen Sodbrennen verzogen, musste dauernd husten und viel aufstoßen, trotz Schmerzmittel. Und manchmal bekam sie den "Fremdkörper" in der Luftröhre oder der Lunge nicht weggehustet, weil sie keine Kraft hatte richtig zu husten. Es hat mir so leid getan. In den fast zwei Tagen, die sie im Krankenhaus war, bis sie endlich sterben durfte, wurde die Morphingabe stetig erhöht (sie hat vorher noch nie in ihrem Leben Morphin bekommen). Ich war sehr froh darüber. Die Ärzte meinten das nimmt ihr Angst, Erinnerungen und Schmerzen. Außerdem würde es ihr beim friedlichen Einschlafen helfen, was sie sich so sehr gewünscht hat, darum hat sie vor der Krankhauseinleferung Schlaftabletten genommen, aber die haben leider nicht gereicht. Dieses "friedlich" ist jedoch etwas, das mich umtreibt. Ich war dabei, als die Atemdepression begann und war dabei, als sie ihre letzten Atemzüge gemacht hat. Das Morphin hat bei ihr eine Atemlähmung verursacht. Sie lag währendessen völlig reglos da. Kein Muskel hat sich bewegt, die Augen waren halb geschlossen und starr nach oben verdreht, so wie schon die Stunden, die sie in der Atemdepression geschlafen hat. Sie war wirklich wie tot in den letzten Sekunden. Ein paar kurze Atemzüge in einem sehr langen Abstand, dann dreimal so etwas wie schlucken, was mir eher wie ein vergebliches Luftholen vorkam, dann wieder ein paar wenige Atemzüge, dann ein völliges Entweichen der Luft, dann noch ein letzter Atemzug und dann wieder das völlige Entweichen der Luft, allerdings dann für immer. In dieser Zeit war es Nacht, ich habe keinen Mucks von mir gegeben, ich habe keine Hilfe geholt und ich habe sie auch Minuten nach dem Atemstillstand nicht berührt, weil ich Angst hatte ihrem Körper einem Impuls zum Weiteratmen zu geben, denn ich wollte, dass sie endlich geht. Sie sollte nicht länger leiden. Und genau das macht mir solche Angst. Ich finde keine Ruhe, weil ich so große Angst habe, dass sie die Atemlähmung bewusst erlebt und als quälend empfunden hat. Ich habe so Angst, dass sie qualvoll erstickt ist, auch wenn sie keinen Muskel dabei gerührt hat und sich die Augen und Lider nicht einen Millimeter bewegt haben, während sie wie weggedämmert schien. Ihr Gesichtsausdruck war auch beim Eintreten des Todes noch derselbe.
Ich habe vergessen den Arzt zu fragen, aber ich hätte wahrscheinlich keine ehrliche Antwort bekommen. Ich weiß nicht inwieweit ihr das einschätzen könnt, aber glaubt ihr, dass sie etwas davon mitbekommen hat? Ich hatte nicht den Eindruck, aber ich weiß ja nicht wie es in ihrem Inneren aussah. Im Internet stehen dazu widersprüchliche Meinungen. Die einen meinen das sei grausamste Qual, die anderen meinen derjenige würde friedlich einschlafen. Ich muss es einfach ehrlich wissen. Habt ihr schon Erfahrungen mit so etwas gemacht?
Ich kann mich nur an ein Narkoseerwachsen meinerseits erinnern. Ob das vergleichbar ist oder nicht, keine Ahnung. Ich habe es jedenfalls nicht mitbekommen, dass ich ein paar Mal aufgehört hatte zu atmen, bis mir eine Schwester zugerufen hat, dass ich atmen soll.

Geändert von Sirina (07.10.2015 um 23:10 Uhr)
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