Einzelnen Beitrag anzeigen
  #19  
Alt 24.08.2012, 19:37
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 11.05.2011
Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.519
Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Lieber Carlos,

als ich grade von deinem Bruder gelesen habe, musste ich echt schlucken... Das tut mir sehr, sehr leid... Schrecklich, wenn so ein junger Mensch derart brutal aus dem Leben gerissen wird. Da fehlen einfach die Worte.

Zu deiner Frage:ja, mir ging es ebenso, ich musste auch immer meinen Mut zusammen nehmen, hatte immer die Angst, vor meinem Vater in Tränen auszubrechen und ihn damit womöglich noch mehr zu belasten. Schlimm war es, als er nach einer Lungenentzündung einen Pleuraerguss bekam und ihm Drainagen gelegt wurden. Da lag er so klein, so verletzlich in seinem Krankenhausbett und war an lauter Schläuche angeschlossen. Und diese Pumpe machte ein so schlürfendes Geräusch. Oh, er tat mir so unglaublich leid! Aber dann habe ich tief durchgeatmet und versucht, ihn zum Lächeln zu bringen. Lachen war ja unmöglich...

Im Verlauf der Monate haben wir uns dann an die Krankheit gewöhnt, so seltsam das auch klingen mag. Wir mussten lernen, den Krebs in unseren Alltag zu integrieren, auch wenn nichts mehr wie vorher war. Ich persönlich habe gelernt, intensiv in der Gegenwart zu leben, jeden guten Moment zu genießen. Ich und auch meine Mutter trauten uns nicht mehr, irgendwelche Pläne zu machen, die in der Zukunft lagen. Unser Leben spielte sich im Jetzt ab. Wenn ich zurückblicke, dann bin ich dankbar für all die schönen Augenblicke, die wir teilten. Es war eine sehr intensive Zeit. Schmerzhaft, aber eben auch sehr, sehr innig.

Schön, dass deine Ma so gute Freundinnen hat. Die werden sie sicherlich auch unterstützen, so gut sie können. Wichtig ist ja auch für deine Mutter, dass sie ein, zwei Menschen (außerhalb der Familie) hat, bei denen sie ihr Herz ausschütten kann und auf die sie sich verlassen kann.

Ich denke auch, dass ihr das gemeinsam schaffen werdet. Ganz egal, was da auf euch zukommt. Und man wundert sich, wie viel innere Kraft man aufbringt, wenn es erforderlich ist. Weißt du, du hast da offensichtlich eine sehr gute Gabe, dieses innere Krisenmanagement, das sich aktiviert in Notfällen. Mir ging es wohl ähnlich wie dir, ich musste auch ständig aktiv sein, alles organisieren und planen. Ich konnte nicht mehr still sitzen. Schlafen konnte ich allerdings anfangs auch kaum mehr... Und weißt du, was mir noch geholfen hat? Die Seelsorgerin, bei der meine Mutter Gesprächstermine hatte... Sie sagte, dass wir alle, auch die gesunden Menschen, jeden Tag nur 24 Stunden zur Verfügung haben. Und wenn die rum sind, dann beginnt ein neuer Tag...

Ich hoffe für dich, dass das Ergebnis der Untersuchung nicht so niederschmetternd sein mag!!!
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
Mit Zitat antworten