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Alt 20.01.2008, 21:43
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Redaktöse Redaktöse ist offline
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Registriert seit: 08.12.2007
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Standard AW: Unzufrieden mit Informationen durch Arzt

Ich hätte ehrlich nicht geglaubt, dass mich lächerliche 56 Stunden Pflege so fertig machen. Tausend Sachen wollte ich in diesen vier Tagen bei meinen Eltern erledigen, damit sie etwas besser über die zwei Wochen bis zu meinem nächsten Besuch kommen. Nichts hat geklappt.

Wir haben einen Abwasserrohrbruch im Keller. Alle paar Stunden muss das knöcheltief stehende Toillettenabwasser abgeschöpft werden. Einen Kanalnotdienst durften wir auf Geheiß meines Vaters nicht rufen, meine Mutter sagt, ihr sei nun alles egal, sie lasse es fließen, und ich bin so müde und k.o., dass ich wirklich nicht einmal die Kraft habe, mich durchzusetzen, selbst anzurufen und das Ganze selbst zu zahlen. Ich könnte mich selbst dafür ohrfeigen.

Papa ruft vom Bett aus - das erste Mal seit der Diagnose hat er sich vor drei Tagen freiwillig ins Bett gelegt und liegt bis heute dort - alle zehn Minuten nach uns. Immer müssen wir etwas suchen, kochen, machen, zur Apotheke fahren ... An Schlaf in der Nacht war natürlich kaum zu denken.

Dabei gibt es sie schon auch, diese schönen Momente: Wenn Papa vor Schwäche sogar Körperkontakt zulassen kann und will, oder als er mir gestern gesagt hat, ich sei sein Fels in der Brandung, und ich mich für einige Zeit wirklich so gefühlt habe. Heute aber warte ich nur darauf, dass ich mich wenigstens kurz hinlegen kann, um einfach vor Erschöpfung zu weinen. Morgen ist dann vielleicht ein besserer Tag.

Ute, William,
ich bin euch so dankbar für eure Antworten. Ihr wisst gar nicht, wie sehr. Allein schon, dass dies hier irgendjemand liest; dass mein Stück aufgeschriebens Leben hier irgendjemand lesenswert erscheint.
Danke.
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