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Alt 16.07.2008, 16:30
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Standard AW: Diagnose GLIOBLASTOM IV

Liebe Mirjam.
Mein Papi ist seit Silvester 2007 nicht mehr bei uns.
Ich dachte nicht, dass mein Leben nach so einem Verlust überhaupt noch lebenswert sein kann – ich dachte nicht an Selbstmord, nein, aber ich konnte mir nicht ausmalen, dass ich jemals wieder fröhlich sein, herzhaft lachen und Scherze machen kann.

Bevor die akute Phase bei uns eintraf, dachte ich auch darüber nach.
Es war völlig ausgeschlossen, dass ich jemals wieder ein unbeschwertes Leben führen könnte, sollte der Papa sterben.
Ich könnte doch nicht lustig und fröhlich sein, mein Leben leben, als hätte ich ihn nie gekannt? Niemals! Ausgeschlossen!

Wie es funktioniert?
Es funktioniert, weil ich es will... weil ich Papas Kind bin, nicht aufgebe, leben will, weil ich über Papa reden und schreiben will, weil ich so viele wunderschöne Momente mit ihm hatte, die mir immer im Sinn bleiben sollen, weil Papa es so gewollt hat, dass alles gut weitergeht und niemand traurig ist, weil Papa wollte, dass seine Kinder immer toll zusammenhalten und und und...

Wie lernt man damit umzugehen?
Ich weiß nicht... ich kann damit nicht umgehen... ich habe noch viel Trauer in mir, die raus müsste. Ich war von Anfang an zu sehr abgelenkt durch die Formalitäten, die Sorge um meine jetzt alleinstehende Mama, die ich aufbauen und der ich Sicherheit geben musste... wo ich dabei blieb, war mir zu Beginn nicht wichtig.
Erst langsam verbessert sich mein Gefühl der Trauer. Ich hab eine Phase gehabt, da kam viel raus – jetzt gehts wieder und ich muss nicht mehr viel weinen.
Ich weiß, dass mein Papa überall um mich herum ist, mich beschützt, mich auf die richtige Fährte lenkt und mein Tun beeinflusst.
Er nahm mir sogar am Tag seines Todes die Zweifel am Blau des Himmels.

Weißt du, wenn man erlebt, wie sehr ein geliebter Mensch leiden muss – oder man denkt es sich, weil derjenige es nicht so zeigt, dann wünscht man ihm, dass er so bald als möglich seine Reise antreten darf... ruhig und friedlich einschläft und nicht mehr aufwacht.
Ich sage mir, dass er jetzt dort ist, wo er jederzeit auf uns blicken kann, die Mama beschützt, sie auf ihren Wegen (die oft nicht einfach waren) begleitet und sie stärkt.
Ich weiß, dass er dort keine Schmerzen, keine Qualen mehr hat und dass er dort mit vieeeelen seiner Bekannten und Verwandten zusammen ist und ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Familie einen wunderbaren Schutzengel hat.

Es hat wirklich keinen Sinn, sich zu fragen, ob der Papa jetzt wirklich keine Schmerzen mehr leiden muss – ob er dort alleine ist, wo er jetzt ist – wie es ihm wohl geht – wie es dort ausschaut...
All das will ich persönlich gar nicht wissen, weil ich meine eigene Überzeugung habe, die mir mein Weiterleben mit diesem Verlust einfacher gestaltet.

Zu denken, dass er keine Schmerzen mehr haben muss und das er über uns wacht, reicht mir.

Ich drück dich ganz fest und wünsche dir unglaublich viel Stärke und Kraft.
Du kümmerst dich ganz wunderbar um deine Lieben, das sollst du wissen.
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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