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Alt 24.06.2018, 05:37
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Liebe spice,

Zitat:
Ach Mann, irgendwie dreht sich das alles im Kreis
Das trifft wohl am ehesten den Nagel auf den Kopf.

Ein Wirrwar ohnegleichen, in dem man eigentlich nur ad hoc-Entscheidungen treffen kann, die morgen oder übermorgen evtl. revidiert werden müssen.

Gedanklich gehe ich von der Basis-Situation aus, daß Ihr Euch alle liebt.
Bei Dir - nehme ich an - vermag die Krankheit Deines Mannes daran sowieso nichts zu verändern. Egal, wohin sich das alles entwickelt.

Eure Tochter rafft das alles ohnehin nicht, und Euer Sohn ist dermaßen verunsichert, daß er am liebsten mit alledem nur noch aus Distanz etwas zu tun haben will.

Bei allem Verständnis für die Wahrung des "Kindeswohles" frage ich mich allerdings, wie es eigentlich mit der Wahrung des "Mann-/Vaterwohles" ausschaut.
Es kann doch nicht sein, daß dessen Interessen durch seine Krankheit auf einmal irrelevant werden!

Zitat:
Zitat von p53
Eine Mutter, Elternteil und Erziehungsberechtigte ist ja mal in erster Linie für Kindeswohl und -schutz zuständig, nicht für das Wohlbefinden eines wenn auch schwer krebskranken Erwachsenen, der bis auf bestimmte kurze Phasen noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sich befindet.
Denke, darin könntest Du Dich etwas irren.
Zwar scheint mir hier die Frau/Mutter das "Bollwerk" zu sein, an dem alles "hängenbleibt", was angemessen zu organisieren/managen ist.
Aber wie kommst Du darauf, daß eine Frau nicht (auch) für das Wohlbefinden ihres Mannes zuständig sei?

Ich nehme an, daß spice ihren Mann liebt.
Glaubst Du im Ernst, daß jemals eine Krankheit ihres Mannes diese Liebe irgendwie tangieren oder womöglich "beenden" könnte?
So, daß sie jemals bereit dazu wäre, seine Interessen "einfach so" zu vernachlässigen??

Ich denke, ganz im Gegenteil sind immer noch beide Eltern dazu in der Lage, gemeinsam und einvernehmlich "Weichenstellungen" vorzunehmen, wie das am besten weiterlaufen kann.

Wie Du hier argumentierst, ist m.E. in sich widersprüchlich:
Denn immerhin befindet sich der Mann/Vater überwiegend noch im "Normal-Zustand".
Was natürlich auch Chancen eröffnet, um zu einem "Interessens-Ausgleich" kommen zu können.
Dominant ist dabei aber zweifellos die Position der Eltern!

Zitat:
Dennoch Zusatzdruck durch das Jugendamt, das durchaus auf die Idee kommen könnte, das Kind aus der Familie herausholen zu wollen.
Auf der anderen Seite mein Mann, der sich gerade im Krankenhaus von lebensbedrohlichen Nebenwirkungen der Immuntherapie erholt, verzweifelt ist und sich nach seiner Familie sehnt und dem ich mitteilen musste, dass er nicht wieder nach Hause kommen soll. Dann die Frage der Alternative.
Das Gefühl, vielleicht wertvolle Zeit zu vergeuden, in der er noch 99% der Zeit er selbst ist (was, wenn die Immuntherapie nicht anschlagen sollte, evtl. nicht mehr lange so sein wird).
Was wir (sowohl mein Mann als auch ich) halt versucht haben, die reale Gefahr soweit wie möglich zu minimieren. Er war ja eine Woche in stationär in einem Epilepsiezentrum, um auf andere Medikamente eingestellt zu werden, da ja das Antiepileptikum, das er bisher bekam, durchaus dafür bekannt ist, Aggressivität/Erregungszustände als Nebenwirkung zu haben. Das ist nun ganz raus. Nur ob das die gewünschte Wirkung zeigt, kann halt keiner garantieren. Wir hoffen es aber, da der er bei dem einen Anfall, den er seither hatte, nicht aggressiv war. Aber ob das bei den folgenden auch so bleibt, können wir unserem Sohn halt nicht garantieren. Wir haben ein Notfallmedikament, das wie gewünscht wirkt (haben wir bei diesem einen Anfall "ausprobiert"), d. h. mein Mann schläft innerhalb kürzester Zeit ein. Wenn mein Mann eine Aura spürt, kann er das auch selbst noch nehmen. Das einzige reale Risiko wäre daher, wenn mein Mann tatsächlich einen unbemerkten Anfall hätte, den er nicht vorhergesehen hätte und dann tatsächlich doch wieder aggressiv wäre. Das sind aber sehr viele Wenns, weshalb ich denke, das Risiko ist vertretbar (zumindest, solange nicht weitere Faktoren wie Persönlichkeitsveränderungen durch den Tumor an sich o.ä. dazu kommen, dann müsste man wieder neu abwägen).
Nur, das Risiko ist doch so groß, dass ich meinem Sohn nicht garantieren kann, dass es nicht wieder passiert. Und diese Garantie hätte er gerne. Er ist halt noch zu klein um zu begreifen, dass man derartige Garantien für menschliches Verhalten eh nicht geben kann und er ist eben traumatisiert, was nicht verwunderlich ist.
Auch was zumutbar ist, was nicht: Weder die Krankheit noch den Vater kann man wegzaubern, davor kann ich ihn nicht beschützen. Ob man der Meinung ist, dass ein Kind in diesem Alter so etwas erleben sollte oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Auf der anderen Seite fühle ich mich schon in der Verantwortung, ihn so wenig wir möglich zu belasten. Aber ob es wirklich langfristig besser ist, den Vater dafür aus der Familie auszuschließen? Ob er sich nicht später deswegen Vorwürfe macht? Ich weiß es nicht. Außerdem, wie soll er wieder zu seinem Vater Vertrauen aufbauen (mal angenommen, die Medikamentenumstellung wirkt dauerhaft wie gewünscht), wenn er keinen Kontakt zulässt? Vermeidungsverhalten verstärkt Angst ja eher. Wenn er aber die Konfrontation verweigert...
Denke, es ist prinzipiell der richtige Weg, potentiell mögliche Gefahren minimieren zu wollen.
Weitestgehend ist das m.E. eher ein rein technisches Problem, das sich ohne weiteres lösen läßt.
So lange das im Einverständnis aller Beteiligten erfolgen kann, ist dagegen auch kaum etwas einzuwenden.

Aus meiner bisherigen Einschätzung des Ganzen:
Der Mann/Vater scheint mir dabei etwas "zu kurz" zu kommen.
Stell Dir doch bitte mal vor, man würde Dich (als Mutter) einfach so von Deinen Kindern trennen wollen.
Noch dazu, wenn Dir möglicherweise wenig Zeit verbleibt, um die Beglückung durch Deine Kinder weiterhin erleben zu können.
Würdest Du es wollen, daß man Dich dann extegriert?
Nur weil Du krebskrank wurdest?

Liebe Grüße
lotol
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Krieger haben Narben.
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1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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