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Alt 19.03.2013, 14:34
aquila aquila ist offline
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Standard AW: Kennt ihr auch das Gefühl...

Zitat:
Wie gesagt, dann noch diese Ignoranz der Family meines Mannes.
Ohja... Wobei im Fall der Familie meines Schatzes kann man nicht mal Ignoranz vorwerfen... Die sind mehr die Meister in Verdrängungstaktiken. Die Krankheit selbst wird kaum thematisiert, maximal halt mal organisatorische Dinge usw. Es werden auch keine Fragen gestellt, wie es "weitergeht" oder wie die Ärzte die Sache einschätzen oder irgendwas in der Art... So eine Art von "todschweigen" der Krankheit würde ich fast meinen. Also so ähnlich jedenfalls. Und man merkt dass speziell die (sehr betagten) Eltern die ganze Sache noch sehr - sagen wir "optimistisch" einschätzen Und ich mache "gute Miene zu bösem Spiel", hart ausgedrückt. Man muss ja auch nicht mehr Leid und Kummer verursachen, als nötig, denke ich. Aber wenn ich mir dann sagen lassen muss, dass ich ja bei der Mutter so vorsichtig sein muss, weil sie so empfindsam und hochsensibel ist, dann schießt einem schon mal der Gedanken durch den Kopf: (ironiemodusan) Achso, sensibel und nah am Wasser...? Na gottlob bin ICH das ja nicht, was! (ironiemodusaus). D.h. man verwendet auch noch Energie darin, nicht nur den Patienten zu "schützen", sondern auch die Familie.... Aber ICH bekomme von den Ärzten die grausame Wahrheit gesagt, ICH erlebe alles aus erster Hand mit, MICH "schützt" und schont keiner Du weißt sicher, was ich meine....
Zitat:
Mit meiner direkten Arbeitskollegin hab ich im Moment auch so meine Probs. Wir sitzen schon seit über 10 Jahren zusammen in einem Büro und ich dachte, wir sind mehr als nur Kolleginnen, aber sie hat in letzter Zeit sowas von unterkühlt reagiert, wenn ich ihr über die Krankheit oder mein Ängste was erzählen wollte, so dass ich jetzt gar nicht mehr mit ihr über private Dinge rede.
Auch etwas, was ich sehr gut nachvollziehen kann, gerade bezügl. Arbeitskollegen!!
Anfangs, wenn mich Kollegen fragten, wie es mir denn gehe und wie es "zuhause aussieht" (also wie es meinem Schatz geht), habe ich immer geglaubt, die Frage sei ernst- und wörtlich gemeint.
Mit der Zeit habe ich aber angefangen zu lernen, dass sehr viele, die meisten sogar, würde ich sagen, auf diese Frage gar keine ehrliche Antwort hören wollen. D.h. sie fragen, weil sie höflich sein wollen und nett. Aber sie WOLLEN das alles gar nicht hören! Es macht ein ungutes Gefühl, es macht betroffen, man weiß nicht, was man sagen soll und man erfährt - wie Doris es schon anspricht - dass sowas WIRKLICH passiert, auch jemandem im DEM Alter!! Sowas passiert halt wirklich nicht nur 75-jährigen oder so! Und nicht nur irgendwelchen anonymen Personen. Plötzlich hat diese grauenvolle Krankheit und auch der Tod ein "Gesicht"... Sie schauen in meins, sehen den Kummer und das Leid, hören was ich sage und wollen es am liebsten nie gehört und gewusst haben!
Dieser Satz von Doris:
Zitat:
weil sie glauben, wenn sie sich nicht damit beschäftigen kann es sie auch nicht treffen
trifft es besser auf den Punkt, als ich es ausdrücken kann.
Plötzlich ist sowas Schreckliches "ganz nah" und es passiert WIRKLICH!
Und ich habe wie gesagt inzw. "gelernt", dass ich bei den meisten auf die Frage: wie geht's denn Dir und/oder Deinem Lebensgef., nun je nach Person lapidar antworte: "muss ja" oder "frag besser nicht" oder irgendwas anderes, unverbindliches. Und ob WIRKLICH Interesse da ist, merkt man dann schnell, weil dann wird nachgehakt. Wer das nicht tut, möchte vielleicht lieber auch gar nichts hören
D.h. bei vielen ist es nach meiner bisherigen, inzw. gesammelten Erfahrung tatsächlich besser, man sieht es als eine Höflichkeitsfrage und eine Form von Nettigkeit an, auf die man eine kurze und wenig informative Antwort gibt.
Ich hatte nämlich zeitweise schon das Gefühl, manche fingen direkt an, mir aus dem Weg zu gehen So nach dem Motto: "Schnell hallo sagen und duck-und-weg"...
Weils einfach unangenehm und schlimm ist, sich mit der Thematik in dieser Form zu befassen. Und als ich das merkte, habe ich angefangen, genau zu gucken, wem ich mal Details erzähle und wem ich nur den Versuch des höflich und nett seins mit einer ebenso höflichen und kurzen Antwort einfach schlicht "honoriere", bzw. zur Kenntnis nehme und fertig.
Kann man auch keinem wirklich zum Vorwurf machen, denke ich.
Aber bei manchen ists enttäuschend... Bei mir war es aber zum Glück bisher niemand, von dem ich wirklich so enttäuscht war, wie Du von Deiner Kollegin. Da hatte ich "Glück"... Die Personen, von denen ich so enttäuscht wäre, wenn sie so rüberkämen, haben mich nicht enttäuscht. Waren 1 oder 2, wenn ich so überlege, wo ich zumindest gedacht hätte, es wäre echtes Interesse, aber direkt enttäuscht war ich in den Fällen nicht. Die wenigen, wo es so gewesen wäre, die haben echtes Interesse und Mitgefühl und auch Verständnis und mal ein "Ohr". Sind aber auch nur ein paar ganz wenige, weil ich mich prinzipiell eher schwer tue, mich zu öffnen (auch wenn man das bei meinen Posts nicht denkt )

Also mein Rat ist: versuche rauszufinden, wer WIRKLICH Interesse an eurem Schicksal hat und auch die Kraft hat, es sich anzuhören und wer nur versucht, höflich und/oder nett zu sein.

Und außerdem gibts natürlich noch die Sorte der Ignoranten, die (im Stillen meist) der Ansicht sind: "Hey, Dein Mann sieht doch kerngesund aus! Da überdramatisieren wir wohl etwas, was...? "
Solche gibts gerade unter dem etwas älteren Semester auch reichlich, finde ich. Die der Ansicht sind, eine Krankheit, die man nicht "sieht", bei der der Patient nicht humpelt oder bettlägerig ist oder sonstwas, wo NIX auf den ersten Blick zu erkennen ist, die kann ja nu wohl auch mal nicht so schlimm sein....
Solche gibts leider auch und möglicherweise gehört ja Deine Kollegin auch zu DER Sorte... Auch wenns bei ihr möglicherweise ja auch nur eine Art "Schutzmechanismus" ist...
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Mein Schatz... Es ist so ungerecht
Verzeih mir, dass ich Dich nicht retten konnte...

Geändert von aquila (19.03.2013 um 14:44 Uhr)
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