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Alt 30.12.2015, 00:06
Carina02 Carina02 ist offline
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Standard AW: Haustiere - mit die beste Therapie!

Hallo zusammen.
Ich bin auf die Überschrift "Haustiere - die beste Therapie" gestossen und kann das echt nur bestätigen.
Kurz zu meiner Geschichte. Im Frühjahr 2013 bemerkte ich eine langsame Veränderung meiner Monatsblutung. Anfänglich machte ich mir kaum Gedanken. Als sich die Blutungen dann aber kontinuirlich verstärkten, machte ich dann doch einen Termin bei der Gynäkologin. Diagnose: Myom in der Uteruswand. Schwierig zum operieren. Kontrollultraschall nach drei Monaten. Ich fragte noch, ob es bösartig sein kann. Dafür bestehe in meinem Alter (damals 34) kaum ein Risiko. Blutungen wurden immer stärker. Ultraschall nach drei Monaten: Grössenzunahme um 2cm. Operation??? Schwierig, so weit hinten - Verlaufskontrolle in drei Monaten. Ich fragte wieder wegen Bösartigkeit, nein kein Grund zur Sorge.... Nach zwei Monaten hielt ich es nicht mehr aus. Ich hatte massivste Dauerblutungen. Ich habe viele Pferde zu reiten, aber das gestaltete sich echt schwierig, denn nach ca 45 Minuten waren die grössten Tampons komplett durchgeblutet und das Blut floss einfach aus mir heraus. Ich machte dann einen notfallmässigen Termin bei meiner Gynäkologin ab und bestand darauf, dass man die OP organisiert. Sie überwies mich ans Krankenhaus, wo ich drei Wochen später einen Termin erhielt. Erneut Ultraschall, grössenzunahme des "Myoms" um weitere drei cm. MRI: Verdacht auf degeneratives Hinterwandmyom oder evtl Sarkom. Als ich den Chefarzt auf den Verdacht Sarkom ansprach, meinte er, nein dass sei absolut nicht verdächtig. In meinem Alter sowieso nicht. Die Symptome (massivste Blutungen und unkontrollierbare Schmerzen) seien einfach so bei Myomen. Die OP wurde für zwei Wochen später geplant. Ich war recht beruhigt. Die OP erfolgte mittels Bauchschnitt (Pfannenstil ca 17cm breit). Sie verlief absolut problemlos und ich konnte nach drei Tagen das Krankenhaus wieder verlassen. Jedoch war ich plötzlich wieder total nervös wegen dem Befund. Ich sollte eigentlich nach fünf Tagen Bescheid kriegen. Ich verbrachte die Wartezeit mit meinem Pferd. Da ich natürlich für mind sechs Wochen striktes Reitverbot hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als mich mit Pferde putzen, streicheln und spazieren zu beschäftigen. Aber es hat mich total beruhigt und von den bösen Gedanken abgelenkt. Natürlich habe ich nach fünf Tagen kein Resultat erhalten und netterweise war dann auch gleich noch Ostern. Zum Glück war im Nachbardorf ein Turnier wo viele meiner Freunde teilnahmen. So konnte ich dort zuschauen, helfen so weit ich etwas konnte (ich durfte ja eigentlich gar nichts machen....) und mich so etwas von der Warterei ablenken. Am Dienstag nach Ostern immernoch kein Resultat. Ich wurde doch langsam hektisch. Dann am Mittwoch kam das Telefon, ich müsse am Donnerstag zu einer Besprechung ins Spital kommen. Dass das nichts gutes bedeutet, war mir sofort klar, denn eigentlich sollte ich den Befund telefonisch mitgeteilt bekommen. Netterweise war der Termin am Donnerstag erst am Nachmittag um 16 Uhr. Ich hatte also noch über 24 h schwarze Gedanken vor mir. Ich bin noch heute so froh, dass ich dieses Pferde hatte (und immernoch habe). Ich ging am Donnerstag morgen in Stall, packte meinen Wallach und machte einen zweistündigen Marsch mit ihm. Wenn ich zu Hause hätte sitzen müssen, wäre ich wohl durchgedreht.
Im Krankenhaus kam dann die Diagnose: endometriales Stromasarkom. Absolut untypisch für mein Alter. Allgemein etwas sehr seltenes, deshalb kaum Literatur über Prognose, Verlauf usw. Irgendwie war ich aber total gefasst. Ich war extrem kühl und habe einfach nach allen Fakten gefragt. Es wurden dann sofort Termine für CT abgemacht am nächsten Tag und ein Totaloperation zur Entfernung der Gebärmutter und Ovarien wurde für die nächste Woche geplant.
Ich verbrachte das Wochenende wiederum mit langen Spaziergängen mit meinem Pferd und mit Turnierbesuchen als Zuschauer. Ich war wie in Trance. Am Samstag Abend bekam ich noch ein Telefon, dass ich am Montag noch zum Leberultraschall müsse, weil sie zwei unklare Befunde auf der Leber im CT gesehen hätten. Das war dann irgendwie doch zu viel. Am Montag morgen erwachte ich früh. Da ich für den Leberultraschall nüchtern sein musste und dieser Termin netterweise erst am Nachmittag war, ging ich wieder in den Stall zu meinem Pferd. Meine Nerven waren doch langsam etwas überstrapaziert. Da überkam mich plötzlich eine unglaubliche Wut auf alles. Auf die Ärzte, auf die Situation und auch auf mich selbst, dass ich das alles so lange hingezogen habe. Kurzerhand sattelte ich mein Pferd (die OP war erst zwei Wochen her) und machte einen langen Ausritt. Ich dachte mir, dass falls die Bauchnaht schaden nimmt, sie ja in zwei Tagen eh wieder geöffnet wird und die Ärzte es dann gleich wieder flicken können. Und das Reiten tat so gut!! Es hat zwar manchmal etwas gezwickt und gepickt, aber ich fühlte mich danach wieder etwas "geerdet"...
Zwei Tage später lag ich dann wieder auf dem OP Tisch und wurde regelrecht kastriert. Irgendwie kam mir das vor wie ein schlechter Scherz. Mein erster Beruf war Tierarzthelferin, und ich habe während dieser Karriere x-mal bei genau dieser OP assistiert. Und nun war ich plötzlich die Patientin auf dem Tisch.... Lustigerweise meinte die Assistenzärztin nach der OP, dass es unglaublich gewesen sei, wie meine erste Bauchnaht (zwei Wochen alt) schon verheilt gewesen sei, es habe ausgesehen wie wenn der Eingriff etwa sechs Wochen her gewesen sei. (und das trotz meines Ungehorsams....)
Es folgten dann zwei schwarze Monate. Ich hatte extreme Depressionen. Die einzigen Lichtblicke im Tag waren die Momente, wo ich bei den Pferden war. Da konnte ich mich ablenken und fühlte mich manchmal wie ein "normaler Mensch". Vor allem die Besuche bei meiner Trainerin (dann wirklich als Zuschauer) gaben mir etwas von dem Gefühl "wie zuvor". Aber zu Hause fiel ich regelmässig in ein tiefes Loch.
Ich habe dann auch wieder etwas früher als erlaubt mit reiten begonnen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe. Es ging dann etwas fünf Tage gut, doch dann kam natürlich der dumme Zufall, dass hinter einer Kurve im Wald ein Reh stand und sich mein Pferd so erschrak, dass er rechtsum kehrt machte und ich dank etwas eingeschränkter Bauchmuskulatur im hohen Bogen herunterflog und platt auf den Rücken knallte. Das hat mir dann doch nochmals zwei Wochen Reitpause beschert (aber auch da ist die Bauchnaht komplett heil geblieben....).
Mittlerweile sind fast zwei Jahre vergangen. Bis jetzt hat sich der Tumor nicht zurückgemeldet (ich hatte das Glück das ich auch keine Chemo machen musste). Aber ich leide sehr stark unter den Wechseljahrbeschwerden. Und auch psychisch setzt mir das ganze sehr zu, dass ich definitiv nie Kinder haben kann. Ich bin extrem froh, dass ich die Pferde habe. So habe ich wenigstens ein zeitfüllendes Hobby. Aber im Moment kommen in meinem Bekanntenkreis in jeder Ecke Kinder auf die Welt. Das bringt mich manchmal echt zur Verzweiflung. Ich habe im Moment auch keine Beziehung. Und wenn ich mit jemandem in Kontakt trete, kommt immer gleich der Gedanke, wann sage ich ihm, dass ich keine Kinder mehr haben kann und mit 37 Jahren schon in den Wechseljahren bin. Und dann ziehe ich mich zurück....
So jetzt habe ich mal wieder mein Leid herunter geschrieben. Es ist viel zu lang geworden und wahrscheinlich liesst es eh niemand, aber es tut ganz gut, sich mal wieder etwas zu "erleichtern".
Ich hoffe ich kann noch viele Jahre mit meinen Pferden geniessen und möchte irgendwann auch die Arbeit so reduzieren können, dass ich evtl auch noch Zeit für einen Hund hätte.
Liebe Grüsse an alle Tierliebhaber die in ähnlichen Situationen stecken.
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