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Alt 11.07.2005, 20:55
Gast
 
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Standard Diagnose T2NxM0

Hallo Leute,

seit ca. 3 Monaten lese ich in diesem Forum mit, habe mich hier quasi fortgebildet...

Ich möchte Euch von meinem Vater erzählen, der nun auch von dieser schlimmen Krankheit betroffen ist.

Seit 2-3 Jahren hat unser Hausarzt bei meinem Vater chronische Bronchitis festgestellt. Nun, es ist immer schlimm, wenn eine Krankheit festgestellt ist, aber heute denke ich, es wäre schön gewesen wenn es nur bei dieser bliebe

Mein Vater ist heute 61 Jahre alt. Seit er 60 ist ist er Frührentner. Wenn man als Bauarbeiter mit 58 arbeitslos wird, da kann sich jeder von uns ausmalen, wie der weitere Lebenslauf verläuft...

Handicap von meinem Vater sind die Qualmerei seit er 20 ist und natürlich jahrelange Arbeit mit Asbest...

Nun möchte ich aber nicht weiter ausholen bevor es langweilig wird.

Im Februar 2005 hat mein Papa wie wohl fast jeder eine starke Erkältung bekommen. Von dieser Erkältung hat er sich nicht ganz erholt. War danach immer angeschlagen, müde, nachts sehr stark geschwitzt. Der Hausarzt behandelte wie ich jetzt meine am Patienten vorbei. Zum starken Nachtschweiß sagte er mal:

"Die Chinesen würden sagen, dass es die überflüssige Energie ist, die der menschliche körper loswerden möchte"

Heute denke ich... Idi*t!

(Verdacht auf) chronische Bronchitis + Nachtschweiß + Asbestarbeiter + Raucher = überflüssige Energie ????? Naja, heute weiß ich es besser (was es sein KANN)

Wie auch immer. Ende März zwangen wir dann den Hausarzt mehr oder weniger dazu meinen Vater zum Röntgen zu schicken. Auf dem Röntgenbild war nichts zu sehen. Trotzdem hat der Radiologe zur Sicherheit eine CT machen wollen. Gesagt getan wurden 2 Flecken im rechten Oberlappen gefunden. Sofort wurde mein Vater in ein Lungenzentrum hier in Düsseldorf zur Bronchoskopie überwiesen. Sofort wurde vom Oberarzt meinen Eltern gesagt "Es ist Krebs". Ob er bösartig wäre müsse dann eine pathologische Untersuchung erweisen. 2 Tage später stand fest, dass der Krebs bösartig war. Sofort sagte uns der Arzt, dass es am besten wäre, wenn der Papa stationär ins Krankenhaus kommt, denn dann könnten die erforderlichen Tests auf der Stelle und ohne Verzögerungen durchgeführt werden. Ambulant würde sich alles in die Länge ziehen. 4 Tage später, es war der 7. April, haben wir meinen Papa ins Krankenhaus gebracht.

Was nun anfing waren die Routineuntersuchungen. CT, MRT usw. Glück im Unglück, es wurden keine Metastasen festgestellt. Weniger glücklich war dann jedoch die Feststellung, dass das goßzellige BC bei meinem Vater inoperabel ist. Die Tumore sind 2 und 2,5 cm groß liegen jedoch an einer so ungünstigen Stelle, dass wenn man sie ausoperieren würde, würde mein Vater nicht mal alleine auf Toilette gehen können.

Am 22. April, rund 3 Wochen nach der Diagnose Krebs wurde eine kombinierte Chemo angefangen. Eingesetzt wurden Cisplatin und Vin... (komme nicht auf den Namen). Jeder Kurs besteht aus 2 Teilen, die im Abstand von jeweils einer Woche verabreicht werden. Nach einem Kurs gibt es eine Pause von 2 Wochen.

Den ersten Kurs hat mein Vater ohne Probleme vertragen. Er fühlte sich so wie immer wie er sagte. Wir waren froh und hofften, er würde immer die Nebenwirkungen so gut wegstecken. Nach dem 2. Kurs verlor er für eine gewisse Zeit seinen Geschmack- und Geruchssinn. Hinzu kam, dass sein Gehör schlechter wurde. Am Donnerstag gehe ich mit ihm zum HNO Hörgerät verschreiben lassen
Am 20. Mai hat er eine weitere Infusion Chemo bekommen und war sehr traurig, denn aufgrund meines 27. Geburtstages am 21. Mai wollten wir zu dritt schön peruanisch essen gehen. Meine Freundin ist eine Peruanerin und meine Eltern haben es bis heute noch nicht geschafft nach Peru zu fliegen. Ich wollte, dass er das peruanische Essen kennenlernt, er wurde traurig, dass er nicht wird schmecken können. Doch der "Chemo-Gott" war gnädig mit uns, denn er hat in dieser Woche seinen Geschmackssinn voll da gehabt und es ging ihm sehr gut ))

Nach 3 Chemokursen hat sich mein Papa sehr verändert gehabt. Er war sehr müde, down, hatte zu nichts Lust. Am 21. Juni wurde es ganz schlimm. Er bekam Schüttelfrost, Fieber konnte nichts essen. Wir hofften auf einen schlechten Tag und dass es am nächsten Tag wieder besser werden würde. Doch dies war leider nicht der Fall. Von Tag zu Tag ging es ihm schlechter. Er wollte nicht aus dem Bett raus, ist nur noch gelegen, konnte nichts essen und wollte fast gar nicht trinken. Am Donnerstag kam meine Schwester zu Besuch. Sie ist Krankenschwester und hat eine zeitlang auf einer onkologischen Station gearbeitet. Wir versuchten unseren Vater zu überreden zumindest viel zu trinken. Draußen war auch noch so eine Hitze Er tat alles, damit er wieder auf Beine kommt, doch leider war er schon zu stark ausgetroknet. Am Freitag als ich von der Arbeit nach Hause kam, war sein Kreislauf fast völlig am Ende. Das Einzige, was mir blieb war den RTW zu rufen und ihn ins Krankenhaus zu bringen.

Im Krankenhaus haben wir selbstverständlich erstmal eins auf die Mütze bekommen, warum wir den Vater nicht früher gebracht hätten. Wir hofften ihn doch noch hinzubekommen. Da merkten wir das erste Mal so richtig, dass mit einem Krebspatienten es ganz anders ist als mit einem "normalen" Menschen. Man kann nicht warten. Man muss Entscheidungen treffen, die über Leben und Tod entscheiden können und diese sind auch noch sofort zu treffen... Es hat sich herausgestellt, dass er einen Infekt bekommen hat und dieser ihn so stark runtergezogen hat.

Nach rund 2 Wochen wurde er dann letzte Woche Mittwoch, nachdem er am Dienstag den 4. Kurs mit 80% Chemo angefangen hat, nach Hause entlassen. Morgen muss er wieder hin. Er wird den 2. Teil der Chemo bekommen.

Doch soll ich Euch was sagen ? Ich weiß nicht so recht, oder nicht mehr so recht, was ich machen soll. Er hat graoße Probleme einigermaßen viel zu essen. Ich weiß es ist schwirig, denn jeden Bissen, den er runterschluckt, fühlt er sofort wieder hochkrabbeln. Es muss doch aber irgendeine Möglichkeit geben das Leid zu lindern, oder ?

Jetzt im Juli bzw. im August werden alle Untersuchungen wieder gemacht um festzustellen, wie die Tumore auf die Chemo angesprochen haben... wir hoffen alle das Beste, auch wenn wir uns durchaus im Klaren sind, dass es womöglich keine große Heilungschance gibt.

Meine Mutter nimmt es verständlicherweise am meisten mit. Sie kann wenn der Papa zu Hause ist, sehr schlecht schlafen, versucht ihm jeden Wunsch zu erfüllen. Doch wenn er ins Krankenhaus muss, dann weint sie sehr viel und oft.

Doch die ganze Familie hat sich dem Kampf gegen den Krebs erklärt. Wirklich alle.

Nur... was sollen wir machen ? Die Chemo wurde primär palliativ eingesetzt. Ich hasse irgendwie dieses Wort und frage mich immer öfter, ob es lebensverlängernd oder qualenbringend bedeutet. Und zwar immer, wenn ich meinen Vater angucke und ihn sehe, wie er jeden Tag immer weiter und weiter auf seiner Reise ist. Ich befürchte nur, dass es kein Rückfahrticket gibt

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit. Ich musste meine Gedanken loswerden. Wenigstens zum Teil

Euer
Gregor
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