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Alt 05.12.2001, 03:53
Gast
 
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Standard Was tun wenn sich jemand aufgibt? HILFE

Liebe Birgit!
Eigentlich weiß ich gar nicht so genau, wie ich dir Mut zusprechen soll, da ich mir momentan genau die selben Gedanken mache wie du. Aber vielleicht hilft es dir, zu wissen, daß dieses "Aufgeben" wohl eine typische Reaktion sein kann, wenn man solch eine Diagnose bekommt. Meine Mutter (60) ist auch am kleinzelligen Bronchialkarzinom erkrankt. Die Diagnose haben wir seit Anfang September. Was für ein Schock. Die ersten Wochen habe ich nur geheult. Heulen muß ich nun nicht mehr jeden Tag, aber mein erster Gedanke beim Aufwachen ist "Meine Mama hat Krebs" und beim Einschlafen ist es dasselbe. Inzwischen habe ich schon Angst vorm Zubettgehen (warum wohl sitze ich um diese zeit noch vorm Computer), weil dann wieder die Gedanken nur um diese eine Sache kreisen. Denn: Auch bei meiner Mutter habe ich das Gefühl sie gibt sich auf. Und das läßt sie uns immer unterschwellig wissen. "Das lohnt sich doch für mich nicht mehr...", "Hier mußt du dann immer das Unkraut wegzupfen, sonst kommen die Platten hoch...", .... es ist unerträglich und tut so unendlich weh.

Ich war vor ein paar Tagen auf einem "Krebs-Tag" (Info-Veranstaltung) und habe da viele interessante Dinge gehört, was man alles versuchen kann, um die Krankheit vielleicht etwas aufzuhalten oder ein Rezidiv zu verhindern. Als ich anfing, davon zu erzählen, hat sie sofort angefangen zu sagen, daß das ja eh alles Blödsinn ist. Sie ist gar nicht zugänglich für so etwas wie Ernährung oder Sport oder Vitamine... Sie will leben sagt sie, aber irgendwie läßt sie sich furchtbar hängen... Oh shit, ich will nicht ungerecht sein, ich weiß nicht, wie ich mich verhalten würde, wenn mich die Diagnose selber mal trifft, aber es mitansehen zu müssen, ist so unendlich schwer. :-(

Die Sache "Ansprechpartner" zu sein, kenne ich auch. (Ich bin übrigens auch alleine und habe keine Geschwister...) Krankenhauswechsel, Therapieabsprachen... meine Mama sitzt immer nur unbeteiligt daneben. Zum Glück bin ich schon lange mit meinem Freund zusammen und er fühlt sich für seine Schwiegermutter in spe :-) auch verantwortlich, so daß er mir solche Dinge wie mit Ärzten sprechen und Telefonieren auch mal abnimmt. Auf der anderen Seite will man Tips geben, was man vielleicht alles versuchen kann (s.o.) (ich habe auch schon etliche Bücher gelesen, "Simonton - Wieder gesund werden" kann ich dir empfehlen), aber das will dann keiner hören. Dann denke ich auch - Super zum Telefonieren bist du gut genug, aber das Buch, das ich besorgt habe, liest sie trotzdem nicht und will nix davon wissen.

Ganz im Gegenteil, sie spricht immer davon, daß sie unheilbar krank ist. Das stimmt nicht. Sie hat noch keine Metastasen und verträgt die Chemos sehr gut. Ein bißchen Hoffnung gibt es. Nicht viel, aber ein bißchen. Selbst das glaubt sie mir nicht. Meinem Freund auch nicht. Das macht mir dann Angst, weil ich denke, daß ein "Kampfwille" oder die Einstellung "Sterben meinetwegen - aber noch nicht jetzt" etwas bewirken können. Tja, und das denkt sie halt nicht. Ganz im Gegenteil.

Liebe Birgit, du siehst, Ich weiß auch nicht so genau, was man tun kann, wenn sich jemand aufgibt. Ich weiß nur, daß es furchtbar wehtut und ich in etwa nachvollziehen kann, wie du dich fühlst. Auch mir platzt oft fast der Kragen (manchmal platzt er auch, und dann tut es mir leid). Das einzige was ich weiß, ist, daß man Geduld haben muß, ganz viel Geduld. Und auch wenn ich euch und vor allem deinen Vater nicht kenne, bin ich mir ganz sicher, daß er sich freut, wenn Ihr bei ihm seid und ihn besucht. Und er ist dir auch ganz bestimmt dankbar, daß du ihm die Gespräche und Telefonate abnimmst. Ganz bestimmt. Sei so stark wie bisher und verzeih ihm sein Verhalten. Wie gesagt, ich weiß nicht, wie ich mich verhalten würde, wenn ich an der Stelle meiner Mutter wäre. Vielleicht fände ich das dann auch alles Blödsinn, was in den Büchern steht.

Was die Verträglichkeit der Chemo Therapie bei deinem Vater angeht, besuch mal die Seite medicine worldwide (sorry, hab die genaue Adresse jetzt nicht, gib einfach mal medicine worldwide in einer Suchmaschine ein, findest du bestimmt), da kannst du einem Professor der Berliner Charite per Forum Fragen auch zur Krebsbehandlung stellen, vielleicht hat er ja einen Tip, welche Medikamente man noch ausprobieren könnte. Er beantwortet die Anfragen wirklich sehr gewissenhaft.

Ich wünsche dir alles alles Gute und ganz viel Kraft und Geduld. Auch an alle anderen hier liebe Grüße, Tanja
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