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Alt 09.09.2014, 00:29
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HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Geht es euch auch so?

Zitat:
Zitat von hermannJohann Beitrag anzeigen
Würde ist, wenn ich sage: „Ich weiß, dass ich in den nächsten Wochen sterben muss. Aber ich habe Einfluss darauf, wie dies geschieht. Ich habe mich damit abgefunden, dass mein Leben endet und verabschiede mich von den Verwandten und Freunden.“
Hallo Hermann,

das stimmt schon, wenn man denn die Gelegenheit dazu hat. Viele Betroffene und ihre Angehörigen werden von den Ereignissen überrollt und haben diese Chance nicht. Ob wir diese Chance letztendlich genau so haben werden, können wir nicht wissen.

Kann ein Mensch seine Würde verlieren? Ich denke, ja. Für mich setzt sich Würde zusammen aus Selbstbestimmung und Respekt und steht immer in Wechselwirkung zu anderen Menschen. Wenn ich also z.B. die Würde eines anderen Menschen nicht respektiere und sie mit Füßen trete, so kann ich meine eigene Würde verlieren und mein Recht auf Selbstbestimmung für sich alleine kann sich durchaus über die Würde anderer erheben wollen und damit den Respekt vor der Würde des anderen verlieren. Die Würde des Menschen ist nicht nur ein Recht. Sie ist auch eine Pflicht. Man kann nicht nur die eigene Würde einfordern, sondern muss sie zumindest zunächst jedem anderen gleichermaßen zugestehen.

Beispiel Patientenverfügung. Ich habe eine und darin steht, was ich für mich unter menschenwürdigem Sterben verstehe im Rahmen der Gesetze. Damit gebe ich lediglich die Erlaubnis, mein Einverständnis, das zu tun, was mein Wille für den Fall der Fälle ist und beauftrage einen Bevollmächtigten, das auch durchzusetzen. Ich kann jedoch damit in letzter Konsequenz niemanden zwingen, meinen Willen auch auszuführen, wenn mein Recht auf Selbstbestimmung seiner Würde, seiner Selbstbestimmung, seinem Respekt vor dem Leben, seinem Gewissen widerspricht. Sei es nun der Arzt oder gar der Bevollmächtigte. Letzterer sollte sich sehr gut überlegen, ob er das leisten kann, was mein Wille ist, bevor er die Vollmacht annimmt. Auch er ist letztendlich nur seinem Gewissen verpflichtet. Sowohl der Arzt als auch der Bevollmächtigte müssen eine Entscheidung treffen und damit auch leben können. Das ist einerseits meine Selbstbestimmung und andererseits mein Respekt vor der Würde anderer.

Hallo Jutta,

ja, eine gewisse Leidensfähigkeit sehe ich als Voraussetzung. Schließlich muss man sich mit dem Leid und dem Tod unserer Lieben auseinandersetzen, als auch mit dem eigenen Leid, der Trauer. Dafür braucht man jede Menge Mut: den ersten Schritt zu tun, die Gedanken an dieses Leid zu zu lassen, nach Lösungen zu suchen, Irrtümer in Kauf zu nehmen, den Finger in die Speichen der Kopfspirale zu stecken, zu akzeptieren was geschehen und vor allem: Mut zum Leben.

Nicht die Fähigkeit im Leid zu verharren, sondern die Fähigkeit, das Leiden anzunehmen und den eigenen Weg heraus zu finden.


Eine gute Nacht euch allen,

Helmut
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Geändert von HelmutL (09.09.2014 um 00:54 Uhr) Grund: was vergessen, sorry
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