Einzelnen Beitrag anzeigen
  #1842  
Alt 08.07.2010, 13:42
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.04.2008
Beiträge: 1.806
Standard AW: Betroffen?! Angehörig?! Herzlich Willkommen!

Liebe Mariesol,

freue mich, Dich hier bei mir, zu lesen.

Ja, das ganz normale Leben tobt hier, das stimmt wohl. Ohne Rücksicht auf das, was sich innerlich in einem abspielt. Sicher, es ist ein Vorteil, dass die Kinder mich immer auf Trab halten und vom Trübsalblasen abhalten. Wie sagt Mamas´Mann immer so schön:"Sei froh, dass Du die Kinder hast! Dann hast Du wenigstens Abwechslung und siehst was anderes." Auch die Jahreszeit trägt positiv dazu bei, dass man den Tag abwechslungsreicher gestalten kann.

Habe z. Zt. eine Menge Stress. Sowohl positiv behaftet, als auch negativ. Wird mir alles sehr viel derweil. Ich funktioniere weitestgehend, merke aber oftmals an bestimmten Tagen, diesen "Seelendruck". Das spüre ich dann z. B. schon morgens beim Einsteigen ins Auto und weiß im Prinzip, dass ich irgendwann an diesem Tag heulen MUSS. Da führt kein Weg dran vorbei. Am liebsten wäre mir, ich könnte das so steuern und einrichten, wie den morgendlichen Toilettengang , denn dann läge das, was eh noch unausweichlich auf mich zurollt, bereits hinter mir. Aber nein, man wurschtelt so durch´s "normale Leben" und <<zack>>....da kann dann nur das verkehrte Lied im Radio laufen und ich muss weinen ohne Unterlass.

Meine Mama fehlt und ich glaube, egal wie viel Zeit verstreicht, es wird sich nichts an dem Gefühl ändern. Da wird nichts besser oder leichter. Man lernt lediglich diese schlimme Tatsache allmählich besser in den eigenen Alltag und somit ins eigene Leben zu integrieren. Nicht mehr und nicht weniger.

Infektfrei sind wir derweil *toi toi toi* und ich hoffe, es bleibt so. Täte uns wirklich nur allzu gut.

Dass Du nochmal auf der Palliativstation warst, auf der Dein Papa lag, das ist ein großer Schritt. Ein mitunter wichtiger, wie ich finde. Ich war einmal in dem KH, in dem Mama starb. Nicht auf der Palli sondern in der Strahlenabteilung als Begleitperson sozusagen, aber ich hätte es nicht vermocht, die Station zu besuchen. Ich verdränge das. Verschwommene Bilder kann ich mir jetzt nahezu 1:1 wieder vor mein geistiges Auge rufen. Schlimm! Die positiven Zeiten, also mich daran zu erinnern, fällt schwerer, als mir die Zeit der Erkrankung vor Augen zu rufen. Kein Wunder, sie war so prägnant - das hat sich im Kopf verankert. Ich träume manchmal von Mama. Es ist so wohltuend, aber auf der anderen Seite auch unheimlich schmerzlich.

Im September jährt sich bereits ihr Fortsein. Ich will gar nicht mal sagen:Schon ein Jahr? Hinter mir liegen 3 Schwangerschaften, 3 x 9 Monate und ich weiß wie schnell so ein Jahr rum sein kann. Komisch ist nur, dass ich mir heute an manchen Tagen fast genau die Situation von vor einem Jahr wieder vor Augen rufen kann. Ich bin ehrlichgesagt froh, wenn ich diese Eigenschaft verliere (hoffe das klappt irgendwann).

WM war für uns immer ein Thema. Mein Großer, meine Mama und deren Mann sind superdolle Fussballfans. So viele Fanartikel wie wir haben, wir könnten einen Laden aufmachen damit . Dieses Jahr ist das Fussballgucken anders gelaufen. Und auch das war eher traurig für mich. Mein Sohn, ja, wie Kinder eben so sind, die lernen schneller die Dinge auch dann anzunehmen, wenn sie anders sind. Diese kindliche Unbefangenheit und Flexibilität hätte ich gerne.

Achja *seufz*, wie Du merkst, ist´s bei mir nicht viel besser. Lediglich meine zeitliche Eingebundenheit ist derweil anders.

Nun muss ich mich auch wieder sputen. Ich wünsche Dir noch eine gute Restwoche und ein schönes Wochenende (hier sollen es knapp 40 Grad werden )!

Liebe Grüße

Annika
Mit Zitat antworten