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Alt 02.09.2012, 23:14
anna81 anna81 ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.

Hallo Carlos und ihr anderen,

ich lese mich schon seit Wochen und Monaten immer wieder durch die Beiträge hier und habe nach langer Zeit wieder das Bedürfnis, mitzuschreiben. Ich finde mich sehr darin wieder wie Du, Carlos, mit der Erkrankung deines Vater umgehst, in dem geringen bis nicht vorhandenen Raum für Hoffnung, dem "Organisationsmodus", nur das diese Phase bei mir schon länger andauert. In letzter Zeit komme ich aber an meine Grenzen, in den verschiedensten Situationen. Und sei es nur, wenn meine Kollegen lieb gemeint aber sehr betroffen nachfragen wie es meinem Vater geht und ich immer wieder das Thema präsent habe und fast noch das Gefühl habe, ich müsse meine Kollegen trösten. Am schlimmsten ist das gute Ratschläge abwehren...

(Eingentlich wollte ich nur kurz was zu meinem Vater schreiben aber jetzt ist es doch total lang geworgen, das tut mir leid! Ich mache die Schriftart mal klein, dann ist es bei Bedarf einfacher zu überlesen)

Mein Vater hat ebenfalls Lungenkrebs, Erstdiagnose im Nov. 2011. Damals Metastasen in den Lymphknoten und ich meine auch im Mittelfell, mittlerweile im Brustbein und wahrscheinlich auch im Kopf (Ergebnis bekommen wir wohl morgen). Mein Vater hat die vollen 6 Zyklen Chemo mitgemacht, währenddessen weitgehend weitergearbeitet (er ist/war selbstständig), trotz vieler Nebenwirkungen und mit großer Anstrengung. Die Lymphknoten und Metastasen sind während der Chemo geschrumpft, mein Vater war stets voller Hoffnung alles zu überstehen und noch Jahre zu leben. Leider konnte ich diese Hoffnung nie teilen, habe ihm davon aber nichts gesagt.

Vor ca. 5 Wochen hatte er dann einen zunächst unentdeckten Herzinfarkt, vor einer Woche wurde die Knochenmetastase festgestellt. Einen Tag bevor er sich wegen der starken Schmerzen hat ins Krankenhaus einliefern lassen hat er einen Krampfanfall mit Blackout von dem wir aber erst später erfahren haben da er allein zuhause war (Meine Mutter wird ebenfalls wegen Krebs behandelt, zu dem Zeitpunkt geplant stationär). Im Krankenhaus hatte er dann einen weiteren Krampfanfall mit Atemstillstand und Herzstillstand, es folgte eine Nacht auf der Intensivstation. Vermutung sind Hirnmetastasen, wie gesagt das Ergebnis bekommen wir morgen.

Mein Vater ist vor allem seit dem Herzinfarkt z. T. sehr anstrengend geworden, er plant weiterhin seine Rückkehr zu Arbeit, will Autofahren. Das ist natürlich alles nicht möglich, aber es ist sein Strohalm, der ihn nicht zusammenbrechen lässt. Mir macht das aber ziemliche Sorgen! Da meine Mutter gesundheitlich nicht in der Lage ist, ihn zuhause zu pflegen (und in wenigen Wochen auch wieder geplant stationär behandelt werden muss) und ich in einer anderen Stadt wohne und lebe ist mir dem Brückendienst besprochen, dass er in das Hospiz übersiedeln kann. Antrag ist gestellt, auch auf Pflegestufe. Der Brückendienst im Krankenhaus ist dabei wirklich sehr hilfreich und das auch ausführlich mit ihm besprochen. Uns gegenüber ändert aber oft seine Meinung, will wie schon geschrieben wieder nach Hause, arbeiten etc. Ich weiß nicht, was passieren soll, wenn er aus dem Hospiz wieder ausziehen will? Oder wenn er gar nicht erst einziehen will? Meine Mutter schätzt sein Erzählen so ein, wie den Strohhalm von dem ich schon schrieb, das er wisse, dass das alles nicht ginge. Ich bin da leider ein bißchen ängstlicher... Allerdings befürworten die Stationsärzte den Einzug in das Hospiz sehr und wissen auch von der Situation mit meiner Mutter (die übrigens in einer anderen Stadt im Krankenhaus behandelt wird).
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Dazu kommt viele finanzielle Dinge um die ich mich kümmern muss, mein Vater hat leider viele Schulden und offene Rechnungen. Zum Glück habe ich eine Vorsorgevollmacht und kann mich gut mit Behörden etc. auseinandersetzen, aber anstrengend ist es trotzdem, ich habe auch schon viel selbst bezahlt weil es einfach nicht anders ging.

Im Moment habe ich das Gefühl, dass das Planen und Organsieren und das Sorgen um Organisatorisches viel mehr Raum einnimmt, als das Sorgen und auch das vorgezogenen Trauern um meinen Vater. Was einerseits gut ist, mich aber aber oft auf die eifersüchtig sein lässt, bei denen keine zusätzlichen finanziellen Sorgen etc. bestehen. Ist wahrscheinlich Blödsinn, aber manche Gefühle kann ich gerade nicht abstellen.

Was wollte ich jetzt eigentlich mit meinem Beitrag bezwecken, ausser mir mal (ungeplant) alles von der Seele zu schreiben? Eigentlich nur, dass ich mich total in dem wiederfinden kann was Carlos geschrieben hat. Aber dazu hätte eigentlich auch ein Satz gereicht
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