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Alt 19.10.2008, 16:51
kerstin1 kerstin1 ist offline
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Lächeln AW: Depressiv ? Zukunftängste ? Rente ?

Hallo Prinzessin,


mmh, meine Vorredner haben hier schon einiges geschrieben.

Ich kann dich sehr gut verstehen, ging es mir ziemlich ähnlich.

Mitten im Leben stehend nach meiner ersten Diagnose, nahm das Schicksal oder meine Bestimmung, nach der zweiten Diagnose für mich im ersten Moment seinen Lauf.(Stehen im Profil)

Damals 1996 hatte ich auch schon Probleme innerhalb der Partnerschaft aber erst nach allen Therapien den Mut zusammengenommen, diese zu beenden.
Heute verstehen wir uns super, denn er ist ja auch Vater unserer Tochter.

Ich habe alles weggesteckt, bin nach genau 18 Monaten Krankengeldbezug wieder zurück in den Job und voll eingestiegen, was auch super klappte.
Da war ich allerdings "erst" 26 Jahre und mit der Leichtigkeit meiner "Jugend" habe ich vermeintlich alles geschafft.
Jahre später, genau 9 Jahre, die nächste Diagnose, auch wieder alles geschafft, war da gerade glücklich verheiratet, bin es heute auch noch, habe mein 2.Kind bekommen usw.

Die Krankenkasse hat mich "gezwungen" in die Reha zu gehen.
Da kam dann der dicke Knaller. Ich hatte gar nichts verarbeitet, selbst die jugendliche Leichtigkeit kam mir aufs Bett.
Kurz um, ich hatte einen Nervenzusammenbruch, Panikattacken, Depressionen usw.
Ich, die sonst immer STARKE, sollte das sein?? Nein, das wollte ich nicht glauben. Doch damit wurde es schlimmer, ich verfiel in Angstzustände, hatte mich sozial isoliert usw.
Bis ich begriff, dass ich mir meine "Schwächen" eingestehen darf.
Die Zeit davor begann ich mich einer Therapie, und wie es bei Ärzten usw. ist, muss man für sich den besten Therapeuten finden. Kein leichtes Unterfangen, doch die Suche hat sich gelohnt.

Ganz langsam komme ich da wieder raus, ich nehme auch Psychopharmaka, die ich immer abgelehnt hatte, weil das ja nur etwas für "Verrückte-Schwache" ist, so mein Gedanke damals.
Ich bin aber eines Besseren belehrt worden.

Klar, wusste ich oder weiß ich, dass man geboren wird und irgendwann sterben muss, doch in dieser Situation hatte ich Angst mich damit auseinander zu setzen.

Meine Tagträume, die ich immer hatte, aus denen ich mich vorm Alltag flüchten konnte, Energien tanken, die waren einfach bei all diesem Stress abhanden gekommen.
Musik, die mein Leben immer begleitet hat, die konnte ich kaum ertragen.
Mein Beruf, der für mich Berufung war, den schaffte ich nicht mehr.
Mir wurde dringend angeraten mich berenten zu lassen. Ich mit 37 Jahren in Rente, dachte da auch wieder, dass wäre etwas für "Schwache".

Tja, und als ich mich dazu durchgedrungen habe, akzeptiert hatte, dass ich im Moment wirklich "schwach" war, ging es mir damit ganz gut.
Ich hatte verstanden, nur ich selbst konnte mir helfen, natürlich mit Unterstützung von außen.

Ich bin aus dieser Reha mit der Erkenntnis auch mal schwach sein zu müssen.
Das heißt ja nicht, sein Leben dafür geben, nein, für mich hieß es, einen Schritt auf mein neues Leben zu.
Ich Mai 2008 wurde meinem Antrag entsprochen, in Rente zu gehen, das war auch wieder ein Schlag ins Gesicht. Da hatte ich es schwarz auf weiß, ich bin wirklich krank und ich musste mir eingestehen, dass ich mich selbst teilweise belogen hatte.

Ich habe nicht mehr funktioniert, man hatte mir den Boden unter den Füssen weggezogen, das, wo für ich gelebt habe, Stärke, Stärke und nochmals Stärke, die hatte ich dann halt nicht mehr.

Langsam und Schritt für Schritt genieße ich nun mein "neues" Leben.

Ich brauche mir keine Sorgen um das Finazielle machen, brauche keine Angst mehr zu haben in meinem Job nicht 150tig zu sein, habe das Recht für mich in Anspruch genommen mir einfach mal Zeit zu nehmen.
Dadurch gelang es mir auch wieder mich an Kleinigkeiten zu erfreuen ohne den Gedanken zu haben, wie lange ich das noch erleben darf usw.

Meine Zeit verbringe ich sinnvoller und manchmal unsinnig, doch ich bin keinem Arbeitgeber Rechenschaft schuldig, weil ich ja z.Zt Rentnerin bin.

Meine Kinder, mein Mann danken es mir, ich "rase" heute nicht mehr so durch unser Aller Leben.

Ich genieße, höre wieder Musik, habe Spass und akzeptiere, dass ich mein "altes" Leben nicht mehr leben kann, denn mein "neues" Leben birgt viele positive Überraschungen. Eine tolle Erfahrung.

In diesem Zusammenhang fällt mir noch ein Satz ein "Ich wollte mein altes Leben zurück", ich glaube auch, so war der Buchtitel von Barbara Schäfer mit einer Freundin geschrieben.
Mir hat es geholfen zu lesen, denn so wie viele dort erzählten, so dachte ich auch, doch so ging es einfach nicht mehr.

Ich an deiner Stelle würde abwägen, was ist dir wichtig, brauche ich mal eine Auszeit, einfach nur Ruhe????

Dann handel, spreche mit deinen Ärzten, was sie von Berentung halten, stelle einen Antrag, sage deinem Arbeitgeber Bescheid und suche dir einen vernünftigen Therapeuten, wenn du bereit dafür bist. Nur einen zu suchen, weil es Andere raten, bringt eh nichts.

Ich wünsche dir alles Gute und die Hoffnung für dich, das du wieder aus dem WIRR-WARR herauskommst.


Liebe Grüsse, eine zukunftsorientierte, depressiv in griffhabende, junge Rentnerin(hier würde nun ein Smiley sein, mit zwickendem Auge, wenn ich wüsste, wie es geht*lach*)

Kerstin
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