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Alt 22.12.2012, 16:43
Larimari Larimari ist offline
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Standard AW: Die Sorge um sich selbst...

Ach Gottchen, ich komme grad aus der Stadt, hab für meinen Bruder eine Hose kaufen müssen. Die letzte Hose. Es ist schon ein makaberes Gefühl.

Es ist sonderbar, mir geht es gut. Nur flitzt ab und an der Gedanke in meinem Kopf vorbei, dass mein Vater und mein Bruder tot sind. Und dann schüttelts mich.

Miri, diese Vorstellung von meinem laufenden Bruder hab ich auch. Ich stell mir vor, wie er aufwacht, und ganz verwundert fest stellt, dass er seine Hände bewegen kann, seine Arme, seine Beine. Ich stell mir vor, dass er spricht. Und lacht... Ich stell mir vor, dass er all da nachholen kann, was er hier versäumt hat, was er nicht machen konnte. Und auf der einen Seite tut es so weh, dass ich da nicht dabei sein kann. Und auf der anderen Seite tröstet es mich sehr.

Die Trauer ist da, sie versteckt sich nicht. Sie frisst mich nur nicht auf, auch wenn ich manchmal fürchte, sie könnte es tun, wenn ich sie ließe... Es sind so Keulen, die mich grad erwischen, Vorschlaghammer. Wenn man sich dessen bewusst wird, dass bestimmte Situationen nicht mehr statt finden werden, oder dass bestimmte Sachen nur Sinn gemacht haben, während alle anwesend waren. Und dass wir jetzt irgendwie amputiert sind. Ich bin keine Schwester mehr... Und viele Sachen, die ich mit meinem Bruder gemacht habe, machen alleine keinen Spaß.
Das klingt jetzt als ginge es mir doch nicht gut.
Aber ich muss nochmal sagen, dass nichts am Verlust so schlimm ist wie die Angst davor. Ging es euch da auch so? Diese Furcht, wenn man weiß, es wird passieren, man aber nicht weiß, wann. Wenn es schon so weh tut, als wären sie weg, aber sie sind es nicht. Sie sind aber nicht wirklich da. Wenn man sich wünscht, dass man die Zeit zurückdrehen kann, aber weiß, dass es dafür keine Chance mehr gibt. Das war das schlimmste Gefühl, dass ich jemals hatte...

Der Verlust selber tut ungeheuer weh, aber man kann nach vorne gucken. Man weiß, dass man weiterleben muss. Das kurz davor ist ein Gefühl von Leid im luftleeren Raum.

Sie fehlen mir.
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