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Alt 24.10.2006, 20:55
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rezzan rezzan ist offline
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Standard AW: Ärzte- Halbgötter in Weiss

Hallo Gummibärchen,
eigentlich habe ich mich gestern bei einigen lieben Menschen aus diesem forum verabschiedet und wollte hier auch nicht mehr schreiben. Ich habe meinen Vater seit Dez 05 bei seinem Kampf gegen diesen elenden Krebs begleitet und ihn leider vor einer Woche verloren.

Zufällig bin ich eben auf deine Postings gestossen und bin schockiert. Ich habe selten erlebt, dass eine Angehörige so gefühllos und kalt mit der Situation umgeht. Alle deine Fragen und vermeintlichen Sorgen drehen sich allein um deine eigene Person. Was erwartet dich? Was sollst du machen? Wo kannst du dich informieren? usw. usf. Was zum Teufel bildest du dir eigentlich ein wer du bist!! Die Gefühle und Ängste, die deine Schwiegereltern plagen sind dir doch im Grunde scheißegal. Hauptsache du hast deine Antworten. Und deine billigen Versuche dich für deine Unverschämtheiten wie Entmündigung o. ä. zu rechtfertigen kannst du dir sparen. Alleine an so etwas auch nur zu denken zeigt welch Geistes Kind du bist. Möge Gott jedem Menschen einen solchen Angehörigen wie dich ersparen.

Was genau möchtest du eigentlich? Den Medikamentenplan kann dir jede Schwester auf der Station nennen. Ob dein Schwiegervater eine OP macht, kämpfen will oder verdrängen oder auch aufgeben oder vielleicht sogar alles gleichzeitig - du bist da mit Sicherheit der letzte Mensch, der ihm in solchen Entscheidungen zur Seite stehen sollte.

Was deine vermeintliche Sorge um deine Schwiegermutter angeht möchte ich dir sagen, es bleibt abzuwarten ob und wie deine Schwiegermutter mit der Situation heute und auch später umgehen wird. Da kann man so manche Überraschung erleben. Ich war auch sicher, dass nach dem Tod meiner Mutter mein Vater eingehen wird und todunglücklich sein wird. So kam es aber ganz und gar nicht. Nach einer Trauerphase hatte er sich berappelt, fand neue Freunde und hat sein restliches Leben noch sehr genossen. Also mal keine Sorge, Menschen können viel Leid ertragen und sehr stark sein.

Und noch ein letztes zur geistigen Verwirrtheit (die du dir ja förmlich zu wünschen scheinst): 6 Wochen vor seinem Tod wurde mein Vater komplett verwirrt und konnte weder sprechen noch irgendwie klar kommunzieren. Die Ärzte sind von Hirnmetastasen ausgegangen und haben CT und MRT gemacht - ohne Befund! Zwei Wochen lang "vegetierte" er vor sich hin und wir waren sicher, dass wir ihn "verloren" haben. Doch dann plötzlich wurde er von Tag zu Tag immer klarer. Sein Bewusstsein kam komplett wieder zurück, er konnte wieder normal sprechen und denken. Was es genau war kann keiner sagen, vielleicht ein epileptischer Anfall, der bestimmte Hirnregionen beeinflusst hat (Vermutung der Ärzte). Wie auch immer, so hatten wir das große Glück, seine letzten Wochen noch bewusst mit ihm zu erleben. In all der Zeit in der er geistig nicht da war wäre mir niemals in den Sinn gekommen über Entmündigung auch nur nachzudenken. Wir haben einfach während der Zeit darauf geachtet, dass wir ihm seine Medikamente gegeben haben, haben aufgepasst, dass er genug isst und trinkt und versucht ihm das zu geben, von dem wir dachten, dass er das vielleicht in dem Moment wollte (Zudecken, Fenster aufmachen, Fernseher auf seinen Lieblingssender stellen, aus der Tageszeitung vorlesen usw.). Wie gesagt, keiner weiß wie sich so etwas entwickelt und ganz sicher auch nicht du. Also hör auf deinen eigenen Ablaufplan durchsetzen zu wollen - es kann dir niemand sagen wie es weitergeht. Auch wenn du noch so gerne planen und organisieren möchtest (kann dir ja scheinbar nicht schnell genug gehen). Akzeptiere, dass du bei dieser Sache nur Begleiter sein kannst.

Mein vollstes Mitgefühl gilt deinen Schwiegereltern, denen ich alles Glück dieser Welt wünsche!
Rezzan
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