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Alt 11.10.2011, 01:04
susisorglos* susisorglos* ist offline
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Standard Es tut so weh - die 2....

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll...
Lasst euch bitte nicht von meinem Namen irritieren - sorglos bin ich schon lange nicht mehr! Ist halt ein Überbleibsel aus meiner glücklichen Zeit...
Mein lieber Mann ist am 16.06. 42 Jahre alt geworden, am darauffolgenden Wochenende bekam er starke Bauchschmerzen. Er ist Nichtraucher, trinkt ganz selten mal ein Bierchen, fuhr täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit, war auch sonst viel an der frischen Luft...Er war nie ernsthaft krank!!!Wir also am Montag, dem 20. sofort zu unserem Hausarzt,wir dachten an eine Darmverstimmung, im schlimmsten Fall vielleicht an eine Magenschleimhautentzündung...Unser Hausarzt machte ein paar Untersuchungen, nahm dann Blut ab. Er meinte, er würde sich melden, wenn es etwas schlimmeres wäre. Am Mittwoch dann der Anruf: Die Bauchspeicheldrüsenwerte wären sehr schlecht, mein Mann müsse sofort zum Ultraschall! Dort entdeckte unser Hausarzt dann einen Schatten auf der Bauchspeicheldrüse, er machte für meinen Mann noch für den übernächsten Tag einen Termin für ein CT im Krankenhaus, denn der nächste Tag war leider ein Feiertag, da ging nix mehr. Bei diesem CT meinte der "Arzt" dann: "Also, da ist ein Tumor an der Bauchspeicheldrüse, so etwas ist in den allermeisten Fällen bösartig!" Toll! Echt wie mit nem Holzhammer! Da rechnet doch kein Mensch mit!!! Sehr einfühlsam, der Typ! Das war am Freitag - also Wochenende - da standen wir nun mit der Diagnose!!! Keine Ahnung von nix, also erstmal gegoogelt, bis die Augen weh taten - sofern ich durch den Tränenschleier überhaupt noch was erkennen konnte...Ich hatte mich dann auch in dieser Zeit hier angemeldet, weil ich ja von BSK ausgegangen bin...Unser wirklich toller Hausarzt war in Holland im Kurzurlaub, am Montag hab ich ihn dann erreichen können. Er war sichtlich geschockt, denn mein Mann und ich sind seit fast 20 Jahren seine Patienten und er kennt die Krankengeschichte meines Mannes ja wie kein anderer, weil es gab ja gar keine, weil immer gesund!!! Nun, ich hatte ein Pankreaszentrum ausfindig gemacht, das so ca. 35/40 km von unserem Wohnort entfernt liegt, denn ich wollte meinen Schatz nicht in irgendein Wald-und Wiesenkrankenhaus stecken - nix gegen Krankenhäuser, bitte nicht falsch verstehen! Unser Hausarzt versuchte dann noch am Montag, dem 27. einen Termin in dem Zentrum zu bekommen. Die Sekretärin dort rief mich dann am Dienstag zurück und bot mir einen Termin für exakt einen Monat später, also Ende Juli an! Wir konnten es nicht fassen!!! Da mein Mann aber "Schmerzen" hatte, fuhren wir am Donnerstag zur Notaufnahme der Klinik und ließen ihn als Notfall aufnehmen. Von Anfang an dachten wir, dass er da in guten Händen ist, es wurden sofort ausführliche Untersuchungen gemacht. Dann war ja schon wieder Wochenende, bis die ersten Auswertungen von der Blutabnahme, vom CT,MRT usw. da waren, war es schon wieder Montag - wieder diese schlimme Zeit der Ungewissheit...Am Montag also das erste Gespräch mit dem Stationsarzt: Verdacht auf BSK, akute Magenschleimhautentzündung, es müsse noch eine Sonographie gemacht werden, also mit Gewebeprobe. Dann am Mittwoch der nächste Schock: Wieder Gespräch mit dem Arzt: "Es ist kein Bauchspeichedrüsenkrebs! Es ist Magenkrebs!" Ich dachte noch: Gott sei Dank, denn ich wusste, dass BSK wohl schlimmer ist und dass man ohne Magen auch leben kann! Dann der nächste Hammer:"Inoperabel, T4, zwei kleine Lebermetastasen, nur noch palliative Chemo möglich!" Ursache des MagenCA ist das Bakterium "Helicobacter Pylori", dieses könne er schon in frühester Kindheit/Jugend haben. Das Bakterium verursacht chronische Magenschleimhautentzündungen, die dann später - wohl über Jahre - bösartig werden können, so wie es bei meinem Mann der Fall war. Aber er hatte NIE etwas gespürt!!! Wir sind seit mehr als 17 Jahren zusammen, das hätte ich wirklich gemerkt! Mein Mann war bis dahin, also auch im Krankenhaus, das blühende Leben, hatte auch überhaupt gar keine Schmerzen mehr!!! Das Ding in ihm drin ist so groß wie ein Margarine-Pott! Sind exakt die Maße! Keiner kann sich vorstellen, was man durchmacht - wir haben viele liebe Freunde, Bekannte und auch die Familie- sie sind alle betroffen, aber wenn man da nicht drinsteckt, kann das niemand verstehen...Man kann doch noch so viel Mitgefühl haben, aber wenn man mittendrin ist, ist das nochmal ein ganz anderes Paar Schuhe, ihr versteht sicher, was ich meine!? Ich wünsche diese schrecklichen Gefühle wirklich niemandem!!! So etwas sollte kein Patient, keine liebenden Angehörigen mitmachen müssen! Es ist inzwischen so, dass im Krankenhaus mit der Chemo angefangen wurde: Er bekommt eine Hammer-Chemo, weil er halt noch so "jung" und kräftig war, diese wird jetzt ambulant in einer Tagesklinik durchgeführt: Jede Woche eine 24-Std.-Pumpe 5FU, in der zweiten Woche die Pumpe und Cisplatin. Das 6 Wochen lang, dann eine Woche Pause. Die erste Cis-Chemo hat er gut vertragen, bis auf einen quälenden, ganzen Tag lang anhaltenden Schluckauf hat er nichts gehabt! Dann ging es von Woche zu Woche bergab! Nach dem ersten Zyklus, also nach 6 Wochen ab ins Krankenhaus zum CT und Sono, usw.. Einen geschlagenen Monat mussten unser Onkologe und wir auf den CT-Bericht warten, da lief die nächste Chemo ja schon wieder seit 4 Wochen...Der Bericht sagte leider nichts Gutes aus: Es ist wohl eine sehr tiefe Nekrosehöhle im Tumor (man vermutet, dass die Chemo angeschlagen hat-juhu), aber leider hat sich der Tumor trotzdem um 33% verschlechtert! ich versteh die Welt nicht mehr...Mein Mann wog noch vor ein paar Monaten um die 88kg, jetzt gerade mal 70...Er sieht aus wie ein alter Mann, die Chemo setzt ihm derart zu...Er mag nichts mehr essen - früher war er ein absoltuer Geniesser - er ist total schlapp und müde! Das einzige, was er an Nebenwirkungen nicht hat, ist Haarausfall, Übelkeit und Erbrechen, aber alles andere ist so schlimm! Er schwitzt sehr oft- aber nur am Kopf! Da läuft es ihm in Sturzbächen runter...
Jetzt hat er gerade wieder eine Chemo-Pause, letzte Woche wurde wieder ein CT gemacht, diesmal hier im Ort, am Mittwoch sprechen wir mit unserem Onkologen, wie es nun weitergehen soll, denn die jetztige Situation ist weder für ihn, noch für unsere beiden Knder auszuhalten! Er wird auch manchmal ungerecht und fies uns gegenüber, sein Wesen hat sich durch diese grausame Krankheit schon verändert...Ich habe so große Angst vor dem, was noch kommen wird...Er ist immer so lieb gewesen, der beste Ehemann der Welt - wirklich - ich habe so große Angst um ihn...
Aber was mich auch fertig macht: Keiner fragt mal, wie es MIR eigendlich geht! Bitte nicht falsch verstehen, ich bin alles andere als egoistisch - aber ich leide mindestens genauso, wie er, ohne die körperlichen Schmerzen, natürlich. Ich kann kaum noch schlafen, liege nachts wach, weil er so unruhig schläft, oder mal wieder schweißgebadet aufwacht...Es vergeht kaum eine Nacht, in der ich mich nicht in den Schlaf weine...Ich sehe schon zu, dass er von meiner Traurigkeit nichts mitbekommt, aber manchmal weiß ich selber nicht, woher ich die Kraft nehmen soll...Er war wirklich immer mein "Fels in der Brandung", so richtig die kitschig-klassische Rollenverteilung - und nun...Er leidet auch so unsäglich darunter, dass er aber absolut überhaupt gar nichts mehr kann, er kommt sich so hilflos vor...Die Kinder und ich versuchen, ihn immer wieder aufzubauen, aber es wird von Woche zu Woche schwerer...Er bekommt mittlerweile auch Morphin-Tabletten und Tropfen, denn merkwürdigerweise (?) fingen nach der ersten Chemo die starken Schmerzen an. Liebe Leser, bitte verzeiht meine laaaange Geschichte, aber es tat gut, sich das mal von der Seele zu schreiben, ich danke euch dafür! Auch wenn ich mich sehr kurz gefasst habe, denn das war noch längst nicht alles, ich hätte gerne noch viel mehr geschrieben...Ich möchte noch anmerken, dass ich gar nicht mehr weiß, wie das Gefühl ist, glücklich zu sein, denn das waren wir wirklich noch vor ein paar Monaten - und dieses Gefühl fehlt mir so sehr...
Ich drücke euch alle ganz doll und wünsche euch viel Kraft und ganz viel Liebe
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