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Alt 28.04.2014, 20:06
Caput Caput ist offline
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Standard AW: Wenn von einem zum anderen Tag alles anders ist.

Hallo Lehla,

es tut mir sehr leid was in deiner Familie alles vorgefallen ist und wie es nun deiner Mutter ergeht. Ich wünsche dir, deiner Mutter und eurer Familie viel Kraft für den Weg der noch vor euch liegt. Als ich deinen ersten Beitrag gelesen habe, dachte ich "man muss der Frau doch sagen was sie hat"... Aber ich habe nochmal darüber nachgedacht und musste an meine Mutter denken. Meine Mutter hatte bei der Diagnose schon sehr weit fortgeschrittenen Eierstockkrebs, das wusste Sie. Sie wurde operiert und hatte während der Operation einen Schlaganfall. Als die Ärzte nach Ihrem Erwachen auf der Intensivstation zu ihr kamen, hat sie diese weggeschickt mit der Begründung sie wolle nichts von der OP bzw. dem Ergebnis hören, die Chirurgen sollten mit mir und meinem Vater reden. Sie hätte nicht die Kraft sich das anzuhören. Da sie nicht tumorfrei operiert werden konnte und der Schlaganfall eine Chemo unmöglich machte war klar, dass unser gemeinsamer Weg nicht mehr lang sein konnte. Aber sie wollte es nicht wissen. Sie hatte sich noch ein Ziel gesteckt auf das sie unweigerlich hingearbeitet hat, daraus zog sie wohl noch ihre ganze Kraft. Ich bin mir aber sicher, dass meine Mutter innerlich doch wusste, wie es um sie steht. Ein Gespräch über die Krebserkrankung, den Schlaganfall oder die Möglichkeit ihres Todes gab es nie. Sie sagte, sie kann es nicht ertragen und möchte die Kraft die sie noch hat dem Positiven widmen. "Weinen könnt ihr, wenn ich tot bin, jetzt möchte ich lieber euer Lächeln sehen" war ein typischer Satz von ihr. Wir taten ihr so gut es ging den Gefallen.

Im Nachgang bedauere ich es aber sehr, dass wir so ein Gespräch nie hatten. Mich belastet es sehr, dass wir uns nicht "verabschiedet" haben. Denn zeitweise hatte ich das Gefühl, dass meine Mutter mittlerweile doch gerne über ihre Situation gesprochen hätte, sie aber mich und/oder meinen Vater nicht damit "belasten" wollte. Ich hatte häufig mit mir gerungen aber mich dann doch nie getraut das Thema Tod anzusprechen, da vorher halt die Worte gefallen waren, dass sie sich damit nicht befassen will. Ich denke sie hat sich darüber doch ihre Gedanken gemacht - sie hat ihren körperlichen Zerfall natürlich mitbekommen - und das alles mit sich alleine ausgemacht oder vielleicht auch ausmachen müssen. Das tut mir sehr leid.

Was ich dir damit sagen möchte ist, dass es zu diesem Zeitpunkt jetzt - und du kennst ja deine Mutter am besten - wohl das Richtige ist sie nicht mehr mit der vollen Härte der Diagnose zu konfrontieren. Aber beobachte die Situation und die Entwicklung deiner Mutter, das Verhalten kann sich noch wesentlich ändern. Vor der Diagnose hätte ich nie gedacht, dass meine Mutter sich mal allen Informationen verweigern würde und sämtliche Verantwortung bereitwillig in die Hände von mir und meinem Vater geben würde. Sie war immer selbstbestimmt und eine Kämpfernatur. So kannte ich sie nicht. Extreme Situationen fördern manchmal auch extremes Verhalten zu Tage, mit dem man selbst bei dem engsten Vertrauten nicht mit gerechnet hätte. Was auch schon geschrieben wurde: ich würde meinen Angehörigen nie anlügen, wenn dieser Fragen stellen würde. Aber schon die Tatsache, dass deine Mutter nicht fragt erinnert mich stark an meine.

Treffe deine Entscheidungen für den Moment, nach jetzigem Kenntnisstand und nach deiner jetzigen Einschätzung. Stell' aber die Entscheidung immer mal wieder auf den Prüfstand. Genieße die Zeit mit deiner Mutter, ich drücke euch ganz fest die Daumen, dass ihr noch ans Meer fahren könnt.

Traurige Grüße K.
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