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Alt 05.04.2008, 15:49
Tina17 Tina17 ist offline
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Standard AW: Selbsthilfegruppe Zungenkarzinom

Hallo, ich bin neu in eurer Runde, habe noch nie "gechattet" und weiß nicht, ob ich den richtigen Link angeklickt habe, um mich bemerkbar zu machen.

Bei meinem Vater (88 Jahre) wurde Anfang Januar in der MKG-Abt. einer größeren Klinik durch Biopsie ein Zungenkarzinom diagnostiziert. Die Klinik drang darauf, stationär noch weiterführende Untersuchungen durchzuführen, um nachzuschauen, ob der Krebs bereits gestreut hat. Da mein Vater sehr hinfällig ist und in den letzten Jahren immer gesagt hat, er wolle keine OPs oder Therapien mehr machen, sondern jetzt wolle er endlich sterben, erklärte ich dem Arzt dies, aber er beharrte auf den Untersuchungen. Wir brachten meinen Vater also Mitte Januar in die Klinik, lasen sämtliche Informationen über geplante Untersuchungen (z.B. Gastroskopie, Bronchoskopie, CT etc.), erklärten sie meinem Vater und ließen ihn die Einwilligung unterschreiben. Nach zwei Tagen konnten wir ihn wieder abholen. Es stellte sich heraus, dass man nicht eine der vorher geplanten Untersuchungen durchgeführt hatte! Ein Arzt erklärte uns, dass dies aufgrund seiner Vorerkrankungen (2 Schlaganfälle mit einhergehender Aphasie, ein Aneurisma, eine künstliche Blase) nicht geschehen sei, dass man ihn auch nicht operieren wolle, da er wahrscheinlich die OP nicht überstünde, dass man auch keine Chemotherapie machen wolle, sondern er solle zur Strahentherapie in ein anderes Krankenhaus gehen. Er wurde von einem Verwandten in die entsprechende Klinik gebracht, wo man ihnen sagte, dass die Bestrahlung meinen Vater sehr angreifen würde, dass es wohl besser sei, wenn man ihn stationär aufnähme und sie wurden auch über die Nebenwirkungen (Geschmacksverlust, trockener Mund, evtl. Schädigung des Gehörs) informiert. Wir - meine 86jährige Mutter und ich - überlegten mitmeinem Vater hin und her, ob er die Bestrahlung wirklich mitmachen soll oder nicht. Mein Vater, der seit seinem Schlaganfall ja nur noch lallen kann, erklärte durch Gesten, dass er gar nichts mehr machen wolle. Wir sind dann nach einer telefonischen Rücksprache mit dem Arzt der MKG-Klinik so verblieben, dass wir die Bestrahlung sein lassen, ihn jedoch in 3 Monaten wieder bei ihnen vorstellen wollen.
Zum besseren Verständnis muss ich noch folgendes erklären: Mein Vater müsste täglich zur Bestrahlung ca. 90 km zurücklegen, allein die Fahrt würde ihn schon sehr anstrengen. Er kann nur noch an einem Rollator in der Wohnung laufen. Er ist auf einem Auge blind und das andere hat nur noch 30%Sehkraft. Wegen der künstlichen Blase muss er viermal am Tag katheterisiert werden. In der Blase haben sich 6 nicht zu entfernende kirschengroße Steine gebildet, die über kurz oder lang die nach 12 Jahren porös gewordene Blase durchlöchern können. Wie schon erwähnt, kann mein Vater nach seinem zweiten Schlaganfall nicht mehr richtig reden, worunter er sehr leidet. Eine stationäre Strahlenbehandlung würde er m.E. auch nicht überstehen, weil er sich nicht verständigen kann und wir ihn kaum besuchen könnten (ich wohne über 100 km entfernt und kann nie frei nehmen, weil ich an einer Schule arbeite und meine Mutter ist nicht mobil wegen erlittenem Schlaganfall und ihres Alters. Die einzige Lebensfreude, die er noch hat, ist ein gutes Essen. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände, wäre es ihm und uns Familienangehörigen lieber, er würde bis zu seinem Lebensende zu Hause palliativ betreut werden.
In den letzten Wochen ist der Tumor an der Zunge sehr stark gewachsen , und inzwischen schmerzt die Zunge beim Essen, so dass er überwiegend flüssige und breiige Kost erhält. Deswegen und weil die drei Monate vorbei sind, brachte ich meinen Vater letzten Mittwoch zu der MKG. Unser Termin war 11.00, wir mussten bis 13.00 Uhr warten und trafen dann auf einen Arzt, der meinen Vater bisher noch nicht gesehen hatte. Als dieser hörte, dass wir die Strahlentherapie nicht durchführen, wurde er sehr ärgerlich und laut. Er meinte, wir könnten uns mit unserem ganzen Verstand überhaupt nicht vorstellen, welche Schmerzen mein Vater bekommen würde. Außerdem würde der Tumor sicher bald bluten, diese Blutung käme erfahrungsgemäß von Samstag auf Sonntag, wenn in den Krankenhäusern nur junge unerfahrene Assistenzärzte Dienst hätten usw.... Er malte uns alles in den schwärzesten Farben aus. Er ließ meine Einwendungen überhaupt nicht gelten, sondern beharrte immer auf den Bestrahlungen und fragte, warum wir denn überhaupt gekommen seien, wenn wir keine Hilfe annhemen wollten. Ich antwortete, dass es so abgemacht gewesen sei und ich außerdem auf ein ruhiges Gespräch gehofft habe, in dem mir der evtle. weitere Verlauf und palliative Möglichkeiten aufgezeigt würden. Der Arzt meinte nur wütend, das habe er mir ja nun gesagt und jetzt habe er noch zu tun, ich soll mich an den Hausarzt meines Vaters wenden.
Er hat es geschafft, mir eine höllische Angst einzujagen und mir ein schlechtes Gewissen gemacht, ob wir im Januar richtig entschieden haben.
Muten wir meinem Vater möglicherweise durch unsere Entscheidung mehr Leid zu als wenn er zur Bestrahlung ginge?
Mein Vater deutet immer nur an, dass er nichts mehr mitmachen, sondern nur noch sterben möchte.
Was kann ich denn nun tun? Seit zwei Tagen versuche ich vergeblich, den Hausarzt meines Vaters telefonisch zu erreichen. Könnte ich mir evtl. Rat bei einem hiesigen Onkologen holen, obwohl dieser nicht mit meinem Vater befasst ist?
Nun habe ich Ihr Forum im Internet entdeckt und hoffe auf gute Ratschläge.
Ich entschuldige mich für diesen langen Bericht, aber ich kann die Situation unserer Familie nicht in drei Sätzen schildern.

Liebe Grüße - Tina17
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