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Alt 17.07.2013, 09:59
tommy59 tommy59 ist offline
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Standard Habe gerade ein Déjà-vu

Hallo zusammen,

mein Name ist Thomas, ich bin 53 Jahre alt und lebe in der Nähe von Hildesheim.

da ich hier schon viel gelesen und erfahren habe, bin ich gestern zu dem Entschluss gekommen, mich auch in diesem Forum anzumelden und Euch meine Geschichte mitzuteilen.

Was ich erwarte? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Vielleicht finden sich ja Angehörige mit ähnlichen Erfahrungen mit denen ich mich austauschen kann oder einfach nur ein paar aufbauende Worte um meine derzeitigen Gefühle und Ängste besser in den Griff zu bekommen. Auf jeden Fall tut es sicherlich gut, sich mal alles von der Seele zu schreiben.

Also dann versuche ich es mal. Kann etwas mehr Text werden.

Meine Ehefrau erhielt im September 2009 die Diagnose Lungenkrebs mitgeteilt.
Eigentlich fing alles ganz harmlos an. Sie hatte damals seit mehreren Wochen Husten. Irgendwann erschien dann oberhalb der linken Brust ein ca. 3cm großer Knoten. Auf Anraten Ihres Hausarztes wurde dann Anfang September der Knoten im Krankenhaus entfernt und an die Pathologie zur Untersuchung weitergegeben.
Ein paar Tage später kam dann der erschütternde Befund, Lungenkrebs.
Da eine Operation ausgeschlossen war, wurde eine kombinierte Chemo- und Strahlentherapie durchgeführt.
Zu diesem Zeitpunkt waren wir beide immer noch der Meinung, dass alles wieder gut wird.
Daher bin ich damals, ich bin als IT-Berater viel in Deutschland unterwegs, auch auf Wunsch meiner Frau wieder meiner Arbeit nachgegangen und konnte so nur am Wochenende zu Hause sein.
Im Januar wurden dann bei meiner Frau als Nebenwirkung der Therapie zwei Lendenwirbel so porös, das sie operativ wieder stabilisiert werden mussten. Ab diesem Zeitpunkt hatte meine Frau unsägliche Rückenschmerzen.
Aber auch hier bin ich weiter meiner Tätigkeit nachgegangen und war wieder nur am Wochenende zu Hause obwohl ich natürlich sah, wie sehr meine Frau unter der ganzen Situation litt. Aber Sie wollte es so.
Am Dienstag nach Ostern 2010 erhielt ich dann einen Anruf meiner Frau in dem Sie mir erklärte, dass Sie auf Anraten der Onkologen am nächsten Tag ins Krankenhaus gehen sollte.
Ich habe dann sofort meine Tätigkeit im weit entfernte Bonn beendet und bin nach Hause gefahren um meine Frau zu unterstützen.
Meine Frau wurde dann am nächsten Tag auf die Palliativstation des hiesigen Krankenhauses eingewiesen und auch ich bin einige Tage später auf anraten der Ärzte dort „eingezogen“ um meine Frau bis zu Ihrem Tod zu begleiten.
Das ganze hat mich damals, obwohl ich hervorragende Unterstützung durch die Psychologen und Seelsorger hatte, sehr viel Kraft gekostet und nach dem Tod meiner Frau bin ich, obwohl ich es erst selbst nicht bemerkt hatte oder mir nicht eingestehen wollte, in ein tiefes Loch gefallen. 24 Ehejahre gehen halt nicht spurlos an einem vorbei.

Im November 2010 lernte ich dann im Internet meine jetzige Partnerin kennen. Wie sich nach kurzem herausstellte ist Sie meine ganz große Liebe. Eine Frau, von der ich mein Leben lang geträumt habe. Nicht das ich meine verstorbene Ehefrau nicht geliebt hätte, aber mit meiner neuen Partnerin ist das Leben einfach nur noch wunderschön.

Dann kam im Dezember 2012 wieder ein herber Schlag. Bei meiner Partnerin wurde Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert.

Wieder die gleiche Situation wie bei meiner verstorbenen Frau: Operation nicht möglich also Chemo- und Strahlentherapie und ich habe eine Tätigkeit 500 Km entfernt von zu Hause.

Das ganze ging dann im Januar 2013 los. Zunächst lief alles ganz toll. Keine Nebenwirkungen. Nach der 3. Chemo dann der 1. Verschluss im linken Bein. Not-OP und alles schien wieder gut zu sein. Dann im Wochenrhythmus 2 weiter Verschlüsse und Not-OP’s. Leider erholte sich das Bein nicht wirklich, sodass am Karfreitag der linke Unterschenkel amputiert wurde. Zu meinem Erstaunen steckte meine Frau das alles ganz locker weg (Sie ist halt ein sehr starkes Mädchen).
Damit jedoch nicht genug. Da nach der Amputation keine Heilung der Wunde eintrat wurde 2 Wochen später eine Nachamputation am Oberschenkel durchgeführt. Während dieser Zeit habe nicht gearbeitet und meine Frau 4 Wochen lang im Krankenhaus begleitet sowie unser Haus, soweit es mit möglich war, schon mal behindertengerecht umgebaut.
Seit Ende April ist mein Frau nun zu Hause und kommt trotz Rollstuhl einigermaßen gut zurecht.
Im Juni wurde auf Anraten der behandelnden Onkologin ein PET-CT durchgeführt. Eigentlich ging es dort nur um die Kontrolle von veränderten Lymphknoten.
Der Befund, welcher Anfang dieser Woche kam hat mir dann aber den Boden unter den Füßen weggezogen: Metastasen in Lymphknoten, Lunge und Leber.

Am kommenden Freitag ist dann eine Besprechung mit den behandelnden Ärzten was behandlungstechnisch als nächstes für meine Frau ansteht und was der Befund im einzelnen bedeutet. Vorab wurde Ihr schon mal eine weiter Chemotherapie in Aussicht gestellt.

Wie geht das jetzt alle weiter? Was passiert mit meiner Frau?

Wir haben doch noch so viel geplant: Hochzeit, Umbau unseres Hauses zu einem richtigen Kuschelnest, viele Reisen usw..

Ist das jetzt alles nicht mehr möglich?

Ich habe im Moment panische Angst und kann überhaupt keinen klaren Gedanken mehr fassen. Zudem belastet mich meine berufliche Situation sehr, da ich auf Grund der Entfernung meine Frau nur am Wochenende unterstützen kann. Aber einfach aufhören ist ja auch keine Lösung.

Ist dann ja doch sehr viel Text geworden und ich hoffe, Euch damit nicht zu erschlagen.

Liebe Grüße

Thomas
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