Einzelnen Beitrag anzeigen
  #21  
Alt 21.07.2002, 09:17
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Liebe Angehörige von Krebspatienten

Hallo alle zusammen,
wenn hier manchmal über Sinn einer Krebserkrankung gesprochen wird, so möchte ich aufstehen und euch erzählen, bei mir hatte die Erkrankung Sinn. Nach der OP und der Behandlung fing ich an zu leben.
Ich habe Brustkrebs, 1 Lymphknoten befallen und bekam leichte Chemos und Bestrahlungen. Ja und dann bekam ich eine Kur und dort lernte ich, dass es mich gab, ich lernte Schwimmen, ich ging mit anderen am Strand spazieren, ich hatte den ganzen Tag Zeit für mich!
Nun bin ich seit drei Jahren in der Selbsthilfe und dort wurde mir am Anfang so vieeel gegeben. Ich gehe einmal die Woche turnen in der Selbsthilfe. Ja und dort waren 13 Leute, die mir unendlich viel gaben. Und ich sah andere Schicksale und dass jeder so seine Geschichte hat. Seitdem bin ich halt in der Selbsthilfe und weiß, dass die "Neuen" meist verängstigt sind und froh, wenn man ein bisschen auf sie zugeht.
Denn auch ich war mal ne Neue und hab von Krebs nur gewusst, dass man dann stirbt. Krebs im Fernsehen, zack weggezappt, Krebs in einem Artikel, schnell drübergeschlagen. Es gab keinen Krebs! und es hat keinen zu geben!
Ja und so sehen dieses Thema auch einige meiner Kollegen. Sie wollen nicht mit dem Thema konfrontiert werden. Ja und deshalb hat mich meine am nahestehenste Kollegin während des 1/2 Jahres gemieden. Sie hatte Angst vor der Konfrontation. Ich bin 43 Jahre mittlerweile und da hat man halt noch nichts, vor allen keinen Krebs.
Ja und mein Mann der meinte nachdem ich aus der Kur zurückkam, so siehste jetzt bist du wieder gesund. Du weißt ja ich werde nie richtig gesund.
Heißt: Geh auf deinen Platz. Deine Zeit zum Leben für dich ist vorbei.
Und das ist genau der Punkt wo es bei mir nicht mehr so hinhaut. Ich habe jetzt gelebt und mir ging es gut. Und ich werde mich -hoffe ich jedenfalls - nicht mehr zurücknehmen, jedenfalls nicht mehr so.
Und deshalb denke ich, ich hab vor der Erkrankung mein Leben irgendwie weggeschmissen. Immer nur für später gelebt, ja später......da werde ich dann. Und durch den Krebs ist mir bewusst geworden, wo ist später. Gibt es für mich ein später? Ich muss jetzt leben.
Aber mit meinen Kindern -mittlerweile 18 und 20 - kann ich darüber auch nicht sprechen. Und am meisten tut mir halt weh, dass nicht mal einer sagt, oh je wir hatten so ne Angst, dass du vielleicht sterben könntest. Verdammt er hätte mir vielleicht gezeigt, dass ich existiere, wichtig für sie bin und sie mich lieben.
So jetzt heule ich doch noch, wollte gar nicht so in die Tiefe.
Aber wenn man sein Leben anschaltet, meine damit Gefühle zulässt, so bedeutet es neben tiefer Zuneigung und Freude auch negative Sachen ertragen zu müssen. Und wie sollen Menschen, denen ich vorgelebt habe, mich wegzustecken, sich so schnell auf mich einstellen können.
Es ist gut, dass es hier dieses Forum gibt, man trifft Menschen, die einen verstehen. Und das tut gut.
Ich wünsche euch einen schönen Sonntag
Doris
Mit Zitat antworten