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Alt 10.07.2014, 06:37
schnaddi schnaddi ist offline
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Standard AW: Novaminsulfon + Tramadol

Hallo Ihr Lieben,

hallo Tina,

danke für deine Worte, ja es ist plötzlich ganz schnell gegangen, aber es dreht sich ja so oft von einer Sekunde auf die nächste. Moms Bauch ist ganz plötzlich über Nacht kaputt gegangen. Obwohl ich gesehen hab, dass ich die letzten Wochen ja nur noch von Magenschmerzen schrieb haben wir das so nicht erwartet. Ich bin aber letztlich froh, dass das der Grund war und nicht der Lungentumor, denn das hätte noch weitere Wochen Quaelerei gegeben und womöglich zum Schluss auch noch Luftnot, deshalb bin ich selig, dass sie so gehen konnte und wunderbar Luft bekommen hat. Es war ihr Wunsch klar zu bleiben bis zum Schluss und nie inkontinent zu werden, und das ist ihr gelungen.


Wenn ich viele andere Geschichten lese, bin ich sehr dankbar, dass es bei uns alles so gut ging. Udn ich glaube, das ist der Punkt, weil Mama es so gut annehmen konnte, kann ich es jetzt auch. Wie schlimm wäre es gewesen, wenn sie damit gehadert hätte, dann würde ich das jetzt möglicherweise auch tun.

Ich bin ja generell ein Mensch, der sich aus den schlimmsten Situationen versucht etwas positives herauszuziehen. Und das erste ist, so wie es sich am Ende gefügt hat, dürfen wir einfach dankbar sein. Das zweite ist, dass das Leben einfach nicht immer fair ist, und wir alle eines Tages gehen müssen, wir alle nicht wissen, wie und wann das passiert, es meistens mit einer Krankheit endet, und die sind in der Regel alle net schön, egal was es dann ist, so dass das Sterben natürlich auch zum Leben dazu gehört. Ich grolle nicht mit der Krankheit, nicht mehr, wir haben es zum Schluss einfach angenommen.

Gut, es war meine Mom, und Mütter gehen, wenn alles richtig läuft, vor Ihren Kindern. Mom war jetzt einfach noch ein bißchen zu jung, das ist richtig, aber ich tröste mich damit, dass sie keine 20 war und ihr Leben leben konnte. 64 Jahre ist ja auch nicht blutjung. Und wenn wir mal ehrlich sind, Leben kann wunderbar sein, es ist aber letzten Endes auch immer wieder ein Kampf, und das lässt sich nicht von der Hand weisen. Ich freu mich für meine Mom, dass sie nicht mehr kämpfen muss. Sie hat jetzt ihre Ruhe gefunden, und was ist an Ruhe letztlich schlimm. Für sie sicher nicht, für mich ja, weil ich damit leben muss, dass ich sie in diesem Leben nie mehr wieder sehe..........aber sie ist in meinem Herzen, und daher immer noch irgendwie existent.

Ja, mir geht es besser, wenn ich mich nicht vor Schmerz gräme, sondern versuche es als natürlich zu sehen. Und die positiven Dinge sehe, die uns dabei widerfahren sind. Aber eins ist ganz klar, das ist bei der 64jährigen Mutter ganz sicher noch einfacher als beim 45jährigen PartnerIn. Weil das halt eher widernatürlich ist. Der Partner bleibt in der Regel bis er halt uralt ist. Und wenn da noch Kinder bei sind.........meinen allerhöchsten Respekt, mein Kollege hat vor drei Jahren seine Frau an Bauchspeicheldrüsenkrebs verloren und hat eine Tochter, die jetzt 7 ist. Das Schicksal kann so unerbittlich hart sein. So dass ich zugeben muss, das war sicher das schwerste Kapitel in meinem Leben, aber es ist keine traumatisierende Erfahrung.

Am allermeisten kann ich mich natürlich mit denen identifizieren, die ein Elternteil verloren haben. Und da lese ich oft, wie viele sich im Schmerz verbeissen und den Blick für positive Dinge verloren haben. Nichts ist ganz weiß oder ganz schwarz. Da würde ich sehr gerne helfen, eben nicht nur das schmerzvolle negative darin zu sehen. Denn ich glaube, man kann es denn besser annehmen, auch wenns immer noch weh tut. Aber seinen Frieden mit einer Situation schließen zu können, die unabänderlich ist, ist etwas sehr Wohltuendes.

Auch mich überkommt immer wieder die Traurigkeit, ich forcier es gerne, indem ich dann noch die passende Musik anmache, und dann lass ich den Tränen freien Lauf, und auch das ist dann wohltuend. Traurigkeit ist es aber kein negatives unerträgliches Schmerzgefühl, ich glaub so kann ich das beschreiben, wie es mir damit geht. Ich hab ja bis vor 1,5 Jahren noch Therapie gemacht, und ich denke, das hat mir sehr gut geholfen jetzt so gut damit klar zu kommen.

Nächste woche wird nochmal schlimm, wenn das kleine Aschgefäß zu Grabe getragen wird. Meiner Meinung ist sie das nicht, das ist nur die Hülle, die darin ist. Und ich habe selbst gesehen, wie wertlos eine Hülle ohne ihren Inhalt ist. Das zeigt auch wie unwichtig Äußerlichkeiten eigentlich sind, denn ohne Inhalt ist ein Körper einfach nur eine leere Hülle, die nichts mehr aussendet. Das Wesentliche ist längst gegangen.

Auch so eine Frage..........gibt es ein Leben nach dem Tod? Mom war sich dessen sicher. Ob das nun nur chemische Hirnprozesse waren, lässt sich nicht beantworten, weiß niemand. Eine Weiterexistenz ist ja nicht mal an Religion gebunden. Im wissenschaftlichen Sinne, müsste man sich die Frage stellen, ist das Bewusstsein an den Körper gebunden. Ich hatte schon außerkörperliche Erfahrungen, weiß aber nicht, ob mein Gehirn das nur vorgegaukelt hat. Wenn das wirklich möglich ist, und ich das wirklich erlebt habe, dann wäre Bewusstsein nicht an den Körper gebunden und könnte somit weiterexistieren. Auch die ganzen Menschen mit Nahtoderfahrungen sehen sich letztlich immer irgendwo liegen. Aber richtig tot waren sie eben noch nicht. Von daher............keiner weiß es.........wir müssen uns noch gedulden, bevor wir diese Frage beantwortet kommen. Udn ich hoffe auch noch recht lange........denn ich habe gesehen, dass es auch ganz schnell vorbei sein kann.

So nun aber genug geschrieben.......mir tut es gut, meine Gedanken hier aufzuschreiben, das sortiert und leert mein Gehirn. Und es ist auch interessant nochmal zu lesen, wie es mir so ging. Habe schon Tage nach Moms Tod erwischt, wo ich dachte, auwei auwei, was hasten da geschrieben, da warst ja echt voll neben der Spur. Aber das ist okay so.

Ich muss mich für die liebe Arbeit zurecht machen. Merke aber auch da, so ganz bei der Sache bin ich noch nciht, die Gedanken schweifen immer wieder ab, aber das wird auch wieder besser, da bin ich sicher.......

Einen schönen Tag Euch allen
LG
schnaddi
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Meine Mama
*21.01.1950 01.07.2014

Adenokarzinom Lunge ED:12.03.2012

Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern, dass man nie beginnen wird zu leben.
(Marcus Aurelius)

Seid zuversichtlich und stark und lebt Euer Leben mit der Gewissheit, es ist endlich. Kostet das Geschenk des Lebens jeden Tag aus!
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