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Alt 22.04.2005, 10:05
Gast
 
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Standard Unsere Mutter liegt im Sterben

Hallo Carina,

ich glaube nicht dass irgend jemand Dir hier sagen kann wie es für Deine Mutter ist, auch wenn wir unsere eigenen Lieben so oder ähnlich sehen oder gesehen haben "wissen" wir es ja auch nicht. Ich kann dir nur raten: frag die Ärzte und bestehe darauf dass deine Mutter so starke Medikamente bekommt dass sie wenigstens keine Schmerzen hat, die müssen das so einstellen dass es garnicht zum nachlassen und damit zu einer Reaktion des Körpers unter den wieder auftretenden Schmerzen kommt, auch wenn sie es vielleicht nicht mehr so BEWUSST spürt. Die Sedierung geht natürlich immer auch auf Kosten der Wachheit, falls das organisch überhaupt noch möglich ist, was nach allem was ich gesehen + verstanden habe ja wohl nicht immer SO eindeutig zu trennen ist. Aber das muss man dann eben in Kauf nehmen. Mein Vater hatte über 9 Wochen nach OP-Komplikationen auf der Intensiv gelegen, wegen Langzeitbeatmung und div. kleinen Eingriffen und Infektionen wurde sein "Bewusstsein" (was immer das ist, ist ja nicht messbar) immer wieder getrübt und beeinträchtigt, er konnte ja aber auch wenn die Augen offen waren nicht mehr sprechen... so konnte man immer nur aus der Mimik versuchen zu lesen oder sehen wie "klar" die Augen vielleicht dreinblicken... genau "gewusst" haben es die Ärzte auch nicht WAS er mitbekommt. Am Ende bekam er gegen Schmerzen und Ängste eine Art Morphium, man sagte es uns sei ca. 100 mal stärker als Morphium und er würde ganz sicher nichts spüren und eher in so einen wohlig-warmen (aber eben nicht klaren) Zustand verfallen. Das war zwar furchtbar aber zu wünschen er wäre mehr bei Bewusstsein wäre ja nur egoistisch gewesen. Ausserdem liessen die Organe immer mehr nach (Leber´) und das geht ja auch an das Gehirn.

Schliesslich stimmten wir der Limitierung der Intensivmassnahmen zu was ganz furchtbar war aber die Ärzte sagten uns er würde so oder so sterben, nur würde es so evtl. noch ein paar Tage dauern, also wurde er abgesehen von der Sedierung auf "Umweltbedingungen" eingestellt und sofort ging sein Blutdruck extrem nach unten. der Arzt sagte später er dachte nun würde es sehr schnell gehen. Aber von dem Nachmittag dauerte es noch bis zum nächsten Morgen kurz nach 8 Uhr bis sein Herz endlich aufhörte noch so schwach zu schlagen... ich weiss auch nicht warum das Herz noch so lange konnte.... die Ärzte sagten uns aber abgesehen von dem starken Medikament sei auch sein Gehirn längst nicht mehr genug durchblutet für BEWUSSTE Wahrnehmungen, auch die sogenannten taktilen Reize (Anfassen, Hand halten) wären nicht mehr vorhanden. Er wäre eigentlich schon nicht mehr hier, nur das Herz schlug noch ganz schwach....

Das hört sich alles ganz furchtbar an und war es auch, ich schreibe das hier nur damit Du siehst dass es vermutlich für Deine Mutter (wenn sie gut versorgt ist, und das ist sie sicher) nicht so schlimm ist wie für Dich..... Die Ärzte sagten auch zum Thema "Abschiednehmen" dass es nun nur noch unser Abschied sei, er würde es nicht mehr spüren.-... ich bin irgendwann in der Nacht gegangen was ich mir übrigens immer noch nicht verzeihen kann, weil ich dort allein war, nach dem Tag und der Entscheidung war ich irgendwann am Ende und wollte vielleicht auch den Ärzten glauben die mich da heulen sahen und mir sagten es sei wirklich OK, ich hätte ihn wirklich bis zum Ende wo er noch was spüren konnte begleitet.... ich wollte es glauben weil ich nicht mehr konnte... vermutlich war er wirklich schon sehr weit weg, trotzdem würde ich es heute anders machen und bis zum Ende bleiben, und bedauere es sehr dass es nicht so war, aber damals konnte ich nicht anders, ich hatte solche Angst und konnte nicht mehr.... jetzt versuche ich langsam zu lernen das zu akzeptieren, dass es nun mal so war....

Versuch Deinen Impulsen zu folgen und quetsch die Ärzte aus, alles wissen die auch nicht aber die können Dir eher Gewissheit geben als irgend jemand hier.....

Alles Gute + viel Kraft
Kerstin
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