Einzelnen Beitrag anzeigen
  #56  
Alt 14.03.2015, 13:49
Rosalba Rosalba ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 14.03.2015
Beiträge: 2
Standard AW: Anfang vom Ende...?

Liebe Bernsteinketterl

Mich hat das schon aufhorchen lassen: "Er ist zusätzlich so hin und her gerissen davon, dass die beiden ein sehr autoritäres Verhältnis haben zueinander ... ist eine sehr strenge Vater-Sohn-Beziehung ... und wird erst jetzt durch dieses schreckliche Leiden etwas "aufgeweicht".

Bin jetzt in einer ähnlichen Situation, wenn auch bei weitem nicht so schlimm. Habe vor einigen Wochen erfahren, dass meine Mutter Krebs im Endstadium hat, war ein ziemlicher Schock. Wir haben keine gute Beziehung zueinander, sie ist oft sehr gemein und beleidigend zu mir, dabei nach Aussen so die liebevolle und fürsorgliche Mutter, und das macht mich fertig. Könnte noch länger darüber schreiben, aber es geht mir jetzt um etwas anderes.

Auch ich spüre jetzt dieses "Aufweichen"; sie weiss noch nicht, wie es wahrhaft um sie bestellt ist, wenn es ihr mal besser geht, ist sie ganz zuversichtlich, bald wieder nach Hause zu können, ich freue mich dann mit ihr, fühle mich aber irgendwie, als würden wir sie hintergehen, und sobald ich den Hörer auflege, kommen mir die Tränen.

Dachte auch immer, ich könnte mich nicht um sie kümmern, falls sie mal schwer krank und pflegebedürftig würde, sie hat mich zu oft und zu massiv gekränkt; ich hasse sie nicht, es wäre alles bestens, wenn SIE MICH anständig behandeln würde. Wahrscheinlich hoffe ich immer noch, dass sie sich mir gegenüber ändert, mich doch noch lieb hat. Und gestern ertappte ich mich dabei, wie ich mir sehnlichst wünsche, sie könnte daheim sterben, und konnte mir zu meiner grenzenlosen Überraschung sogar vorstellen, sie selbst (mit)zupflegen.

Bis mir ein Gedanke durch den Kopf schoss, und das könnte vielleicht direkt auf Deinen Liebsten zutreffen: habe gelesen, dass Krebskranke oft böse und gemein sein können, was ich auch bestens nachvollziehen kann (nicht dass es so sein müsste). Und da wusste ich, das könnte ich nicht vertragen. Ich könnte das nicht (nur) auf die Krankheit schieben, es würde bei mir alles wieder hochkommen, und dann wäre es für alle besser, wenn ich nicht da bin.

Worauf ich hinaus will: geh nicht automatisch davon aus, dass Dein Liebster seinen Vater (so sehr) liebt, dass er nur leidet, weil es seinem Vater jetzt so schlecht geht. Wie er auch so aggressiv meint: "Ich sags dir, der wird die ganze Palette durchmachen ... zuerst wird er ganz gelähmt, dann …", da scheint es richtig aus ihm ausgebrochen zu sein, tönt für mich sogar so wie "der durchsteht es so lange, nur um mich zu ärgern". Total irrational, klar, aber so ist das bei emotional geladenen Situatioen.

Wenn alle davon ausgehen, wie sehr er seinen Papa liebt … wie kann er da sagen: "Ich hasse ihn und wünsche mir, dass er endlich geht - warum ist er nicht gleich gegangen, als ich noch gute Gefühle für ihn hatte?" Diese erneute Enttäuschung wird es vor allem sein, die ihn derart fertig macht. Wer traut sich schon, sowas rauszulassen, wenn jeder ihn nur wegen des Verlusts seines Vaters tröstet?

Könnte ja auch der Grund sein, warum er "so unglaublich zu macht seit einer Woche" und Dich fast "wegstösst". Er kann dieses "lieber Sohn" Gerede nicht mehr hören und traut sich doch nicht auszusprechen, was er momentan wahrhaftig für seinen Vater empfindet.

Lieben tut er Dich ja, sonst wäre es nicht so: "... gleichzeitig war er so fürsorglich, dass für MICH bzw. für UNS grad überhaupt nichts übrig sei und dass es für mich doch total schwer sein müsse ... aber er stößt mich so weg ..." Hat ganz klar Angst, Dich zu verlieren, wenn er sich weiter so anstellt, was wiederum seine Wut auf seinen Vater steigern könnte … "alles wegen dem".

Kannst Dir ja mal überlegen, ob das alles auf Deinen Liebsten zutreffen könnte (auch möglich, dass ich da nur von mir rede), und falls ja, wirst Du am besten wissen, wie ihn darauf ansprechen, und falls ja, wird das eine riesengrosse Erleichterung für ihn sein, dass er ein so "böser" Sohn sein darf …

Liebe Grüsse
Rosalba
Mit Zitat antworten