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Alt 21.04.2011, 20:05
der_weg der_weg ist offline
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Standard AW: Lungenkrebs und 4 Hirnmetastasen

Hallo Jiska,
ich schreibe normalerweise zwar nicht im Lungenkrebsforum, aber habe diesen Thread verfolgt und möchte dazu nun doch etwas sagen.

Deine Befürchtungen sind zwar gerechtfertigt angesichts der Erkrankung, aber sie befindet sich noch ganz am Anfang, also kurz nach Diagnose.... Es ist noch nicht einmal richtig los gegangen mit der Behandlung.... Sie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch daran sterben, aber SO schnell, dass sie das alles hier und heute regeln muss, nun auch wieder nicht.

Ich habe durchs Studium (Medizin) einige Erfahrungen mit Patienten mit dieser Erkrankung und auch in der Familie Betroffene gehabt... Man sieht das von außen immer alles so klar und rational, aber selbst ich kann nicht sicher sagen ob ich auch so wäre wenn es mich selbst beträfe, oder ob ich da nicht völlig anders reagieren würde.

So eine Diagnose, da wird einem von jetzt auf gleich der Boden unter den Füßen weggezogen.... Das muss man erstmal verkraften... Und für einige ist Verdrängung eben erstmal der einzige Weg überhaupt damit klar zu kommen. Das ist gar nicht mal so selten.
Eigentlich haben die allermeisten Patienten, die ich so erlebt habe, von einer Behandlung zur nächsten gelebt und lange gedacht es geht immer irgendwie weiter. Dieses sich aktiv mit dem eigenen Tod auseinandersetzen, das kommt bei den meisten erst wenn es sich wirklich anbahnt und nicht am Anfang bei Diagnose. Bei einigen kommt es auch gar nicht, das stimmt.... Aber wenn sie das am Anfang komplett verdrängt denn heisst das nicht dass sie in einem halben Jahr immer noch so ist.... Es geht ihr jetzt ja wahrscheinlich auch noch relativ gut.... Vielleicht kommt das erst allmählich wenn es ihr im Laufe der Behandlung schlechter geht.... Das muss doch erstmal sacken.

Ich kann mir bei den aller wenigsten Menschen vorstellen, dass die da komplett kühl und realistisch bleiben und bei Diagnose schon mal anfangen zu planen was wird wenn sie nicht mehr sind. Ich weiss nichtmal ob ich es tun würde. Man kann da noch so viel Erfahrung mit Betroffenen habe, wie man bei sich selbst denken und handeln würde, das steht auf einem völlg anderen Blatt.

Ich weiss es ist schwer angesichts der Sorgen, die du dir machst, aber sei doch einfach als Freundin für sie da.... Wenn sie lachen will denn lache mit ihr und wenn sie weinen will denn weine mit ihr.
Denn wenn Du jetzt versuchst krampfhaft sie auf das Thema Tod zu bringen, denn macht sie vielleicht ganz dicht Dir gegenüber und redet auch später nicht mehr mit Dir da drüber.

Wenn die Behandlung so anschlägt wie im Durchschnitt zu erwarten wäre, denn hat sie noch mindestens ein halbes Jahr Zeit, wenn nicht länger.... Und in der Zeit kann sich noch viel ändern ihrem Umgang mit der Erkrankung.
Es bringt nur nich viel sie zum jetzigen ZP zu überfordern.
Das ist zwar lebenslimitierend, aber sie wird höchstwahrscheinlich nicht morgen tot sein.


Elisabeth Kübler-Ross (Sterbeforscherin) wird Dir ja sicher ein Begriff sein.... Und sie hat an tausenden Patienten beobachtet, dass der Prozess der Auseinandersetzung mit einer zum Tode führenden Erkrankung mit "Nicht wahr haben wollen" beginnt, und sich das Denken und Handeln der Person im Laufe der Erkrankung wandelt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_Kübler-Ross

Es macht nicht natürlich nicht jeder exakt diese 5 Phasen durch, aber was ich damit sagen will ist dass die Reaktion Deiner Freundin angesichts dieser schweren Diagnose im Rahmen des "Normalen" liegt.
Es wäre emotional im Moment zu viel verlangt, schon Pläne zu machen was mit ihre Familie nach ihr passiert. Ich denke (hoffe) sie wird das zu gegebener Zeit tun und sicher wirst Du sie dann auch unterstützen können. Nur im Moment muss sie das selbet erstmal verarbeiten.

Ich hoffe ich konnte Dir mit dem Post ein wenig weiter helfen.

Lieben Gruß
Sophie
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