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Alt 05.04.2007, 20:53
marionA marionA ist offline
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Registriert seit: 15.08.2005
Beiträge: 315
Standard AW: Die Zeit machts einfacher????????

Hallo,
ich habe lange überlegt, ob ich hier schreiben soll, denn ich wollte niemandem die Hoffnung auf die Zeit nehmen. Nun habe ich mich entschieden doch meine Erfahrugen mit der Trauer hier niederzuschreiben und hoffe, dass ich niemandem die Hoffnung nehme.

Mein Pa ging am 23.01.2005. Es ist also schon über 2 Jahre her. Er hatte Lungenkrebs. Erst sah alles sehr gut aus. Er wurde operiert und die Ärzte gaben ihm eine 90 % Chance. Die erste Nachuntersuchung erst nach einem halben Jahr. Alles war Bestens. Die Freude unbeschreiblich. Dann die 2. Nachuntersuchung, wieder ein halbes Jahr später.... Rezidiv. Und ab ging es in ein tiefes Loch. Die Angst hatte uns wieder gepackt. Dann die Nachricht: Es kann operiert werden. Die Hoffnung war groß. Am morgen vor seiner OP rief er mich noch auf der Arbeit an und sagte: Hier ist nochmal Dein gesunder Vater (er hatte nie Symptome, nicht einmal Husten). Ich hätte nie gedacht, dass das die letzten Worte waren, die ich von ihm höre.

Nach der OP ging es Schlag auf Schlag. Erst ging die Wunde wieder auf und er mußte Notoperiert werden, dann kamen 2 Lungenentzündungen und schließlich die dritte, die mit einer tödlichen Sepsis endete. In dieser Nacht hatte meine Ma das Telefon nicht mit ans Bett genommen. Die Nachricht bekamen wir am nächsten morgen. Ich konnte mich nicht einmal von ihm verabschieden und habe ihn auch nie wieder gesehen. Vielleicht ist der Verlust deswegen so unfaßbar für mich. Eigentlich hatte ich mir selbst versprochen, dass er nicht alleine gehen muß. Dieses Versprechen konnte ich nicht halten und ich kann es mir nicht verzeihen. Mein Pa mußte alleine im KH gehen.

Dann begann die Zeit der Trauer. In der ersten Zeit habe ich gar nichts mehr auf die Kette gekriegt. Habe mich total zurückgezogen und mir war alles egal. Oder doch nicht ? Eigentlich wollte ich nur hinterhergehen. Als mir das bewußt wurde, habe ich einen Trauerbegleitung gemacht. Die Gespräche taten zwar gut, aber meinen Pa konnten sie mir auch nicht zurückbringen. Aber wenigstens hatte ich gelernt, mich gegen Leute, die mich in meiner Trauer störten oder unpaßende Sprüche brachten, zur Wehr zu setzen. Und ich hatte auch beschlossen, dass ich meinen Weg hier zu Ende gehen muß, egal wie schwer er auch sein wird.

Dann habe auch ich auf die Zeit gehofft. Erst dachte ich nach 2 Monaten wird es besser, dann nach einem Jahr. Nein, auch nicht, aber bestimmt nach 2 Jahren. Nein, die Trauer ist noch lange nicht vorbei. Ich weine immer noch fast jeden Tag um meinen Pa. Ich vermisse ihn immer noch unendlich und würde alles tun, um ihn auch nur noch einmal sehen zu können. Jetzt, nach 2 Jahren, 2 Monaten und 13 Tagen bin ich zu dem Entschluß gekommen, dass ich wohl den Rest meines Lebens irgendwie Trauern werde. Mein Leben hat sich drastisch verändert und wird nie mehr so, wie es mal war. Mein Pa und ich wohnten im gleichen Haus und haben uns jeden Tag gesehen. Er war mein bester Freund, mein Vater und mein Seelenverwandter. Ich habe ihn mehr geliebt als mein Leben und liebe ihn immer noch. Daher denke ich, dass die Trauer vielleicht einfach der Preis ist, den wir für die Liebe bezahlen. Und für das, was mein Pa für mich war und ist, ist kein Preis zu hoch und keine Träne zu viel. Ich habe einfach in den letzten 2 Jahren gelernt, die Trauer als Teil von mir zu akzeptieren. Sie gehört jetzt einfach zu mir, sowie mein Pa zu mir gehört. Eines hat sich allerdings doch gebessert: ich kann auch mal wieder herzlich und ohne schlechtes Gewissen lachen, denn auch das gehört zu meinem Leben.

Mein Fazit nach 2 Jahren, 2 Monaten und 13 Tagen Trauer: Die Zeit heilt nicht alle Wunden, manche sind einfach zu tief. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich an den Schmerz und akzeptiert ihn als Teil des Lebens.

Liebe Grüße
Marion
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