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Alt 10.09.2002, 15:28
Gast
 
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Standard Ein langer Abschied - Teil 2

Liebe Nadine!

Du schreibst von Schuldgefühlen. Ich kann das so gut verstehen, denn auch mir geht es so (wie muss es erst für Dich sein). Ich hatte die Mission, meinen Vater zu retten... (darauf hatte ich mich total versteift. Nur, sonst wäre ich auch verrückt geworden).
Aber das ist eigentlich absurd. Wir haben das Schicksal nicht in der Hand, ich nicht, Du nicht... Vielleicht ist es so, wenn der Zeitpunkt da ist, ist er da. Dass Ihr nicht bessere, bemühtere Ärzte hattet, dass Ihr es nicht vorher bemerkt habt... all das ist auch nicht Eure Schuld!! Auch das ist Schicksal (denn Du hast ales in Deiner Macht stehende und noch mehr getan).
Was der Arzt gesagt hat, war einfach nur unüberlegt. Wem sollen solche Hätte-Sprüche etwas nützen - sie schaden nur (und wie oft irren sich denn Ärzte??). Und es ist auch gar nicht gesagt, dass er Recht hatte! Vielleicht hätte er nämlich noch 2 Jahre mehr gelitten, noch länger in Angst gelebt, OPs über sich ergehen lassen müssen und der Krebs hätte doch mal wieder gesiegt bei einem noch viel schlimmeren Leidensweg (so hatte er wenigstens noch die Zeit unbeschwert!). Vielleicht wäre er dann auch schon viel früher gestorben.
Ich denke, Dein Mann hatte, wie bei vielen Krebserkrankungen, keine so furchtbaren Schmerzen, dass er nicht mehr ein noch aus wusste. Da denkt man dann vielleicht an eine Unverträglichkeit, sensiblen Magen, was auch immer! Deswegen gehen die wenigstens überhaupt zum Arzt! Wieso hast DU es nicht bemerkt? Nein - wieso hat ER es nicht bemerkt. Aber auch ihm kann man doch keinen Vorwurf machen (vielleicht musst Du ihm dies verzeihen?? - Tut mir Leid, wenn ich mich jetzt irren sollte). Und wie oft ist es dann auch so, dass man zum Arzt geht und auch der denkt an nichts Böses und speist einen mit irgendwelchen Tabletten oder lapidaren Worten ab. Mit dem einzigen Unterschied, dass dann der Arzt Schuld ist.

Tja, nachdem, was wir alle so miterlebt haben, müssten wir wohl alle (ständig) wegen irgend einem mysteriösen Ziehen zum Arzt rennen und sofort auf einem Krebstest bestehen. Es ist doch wirklich eine so tückische Krankheit!

Nochmal - Du HAST keine Schuld am Schicksal, an der Bestimmung (heißt es nicht immer, die guten Menschen holt Gott zuerst? Jaja, mich trösten diese Allerweltssprüche auch nicht, aber sie bestätigen mich darin, dass mein Vater ein guter Mensch war!).
Auch, wenn ich selber diese Gefühle einfach nicht los werde.
Seit einiger Zeit habe ich angefangen von ihm zu träumen! Aber weißt Du was?? Immer wieder, dass er kurz vor seinem Tod ist, die Zeit, als er schwer krank war und ich überlege, WAS ich denn tun kann!!! Dann geht es ihm schlechter und ich bin außer mir, weil ich dieses oder jenes nicht doch lieber statt Diesem oder Jenem getan habe. Immer wieder.

Liebe Grüße
Tina
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