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Alt 05.06.2005, 20:08
Gast
 
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Standard Nicht nichts ohne dich, aber nicht dasselbe.......

Liebe Alina,

danke für Deinen schönen, langen Brief. Schon länger will ich Dir sagen, daß ich mich natürlich immer schrecklich freue wenn Post von Dir da ist, es aber auch völlig in Ordnung ist wenn Du Dir Zeit mit einer Antwort läßt. Es ist mir wichtiger, daß Du ausgeruht bist und ich bin momentan in einer Phase, in der ich Zeit habe.

Es freut mich, daß Du das Gefühl, Deine Mama gut in Dir zu haben, bekommst, bzw. schon hast. Ich war und bin an drei Orten daheim, das hat Vorteile, hat Nachteile. Als ich nach Mamas Tod das erste Mal von dem Ort wegfuhr an dem sie und auch ich ein Heim haben, hatte ich das Gefühl mich mit jedem Kilometer nicht nur vom Ort, sondern auch von ihr zu entfernen. Das irritierte mich, denn ich fühle mich ihr z.B. am Friedhof nicht näher.

Sehr schnell hatte ich in meinen "Heimen" einen Altar, der mehr oder weniger überall gleich aussieht. Und irgendwann, bei einer Ankunft am späten Abend, hatte ich das Gefühl, egal wo ich ankomme, sie ist schon da. In diesem Moment hatte ich das an dem Altar festgemacht, an ihrem Foto, dem Drumherum. Es dauerte wieder einige Zeit bis ich das Gefühl bekam, sie ist in mir, bei mir, wir sind zusammen.

Es ist gut, daß Du Dir, so wie ich, Zeit lassen kannst mit Mamas Wohnung. Es braucht alles seine Zeit und wohl dem, der sie sich nehmen kann. Ich habe mich bei jeder Sache gefragt, will ich es haben, werde ich es je haben wollen, will ich es verschenken, wer ist "würdig" es zu erhalten. Ich habe sehr viele Dinge sehr gut verschenken können, das war und ist ein gutes Gefühl.
Mehr und mehr werden die Dinge unwichtiger, die Erinnerungen kostbarer, aber ich habe dazu viel länger gebraucht als Du.

Ja, es ist schön wenn man eine Beschäftigung, ein Interesse hat, das einen ausfüllt,so wie z.B. das Hundetraining. Als ich las, daß die "Hundeleute" die Operation Deines Hundes bezahlten, war ich doppelt erfreut. Einmal, daß das geschah, aber auch, weil ich der Meinung bin, daß es so etwas wie einen "Ausgleich" gibt. Das ist jetzt nicht das richtige Wort, aber ich denke oft, es ist egal von welcher Seite etwas kommt, gegeben wird. Manchmal versuche ich und manchmal gelingt es mir auch so etwas wie einen "Ausgleich" herzustellen, sei es materielller Art, aber auch an Aufmerksamkeit, oder Zuwendung. Wenn alle offen sind, dann klappt das auch.

Ach, Alina, ich hoffe und wünsche, daß es Deinem Papa wieder besser geht und Du mit ihm noch viel gute Zeit verbringen kannst!

Du hast mich gefragt ob ich bei meinen Herzrhythmusstörungen Angst habe. Eigentlich nicht mehr. Vielleicht weil ich etliche Male dachte, jetzt ist es gleich aus und vorbei mit mir und dann gings mir wieder gut. Vielleicht weil ich nicht mehr Angst vor dem Tod habe? Ich weiß es nicht.

Wie viele Tiere hast Du?

Einen guten Wochenbeginn.
Alles Liebe
Briele